US-Arbeitsmarkt fährt Achterbahn
In den USA kommt nach der Veröffentlichung des Arbeitsmarktberichts wieder verhaltener Konjunkturoptimismus auf. Zwar kletterte die Arbeitslosenquote im Juli gegenüber Juni von 8,2 % auf 8,3 %. Gleichzeitig wurden aber deutlich mehr Jobs geschaffen, als erwartet worden war. Experten warnen jedoch vor verfrühtem Optimismus, zumal die breiter gefasste Arbeitslosenquote auf 15 % kletterte.det Washington – In den USA ist die Arbeitslosenquote im Juli erneut gestiegen, teilte das US-Arbeitsministerium mit. Seit fast dreieinhalb Jahren liegt sie nun über 8 %, der aktuelle Wert ist der höchste seit Februar. Ökonomen waren im Juli von etwa 100 000 Neueinstellungen ausgegangen und einer gegenüber Juni unveränderten Arbeitslosenquote. Dank 172 000 neuer Stellen im Privatsektor, so das Bureau of Labor Statistics (BLS), zog die Gesamtzahl neuer Jobs auf netto 163 000 an. Als Folge weiterer Sparmaßnahmen waren im öffentlichen Dienst 9 000 Arbeitsplätze gestrichen wurden, womit sich die Abwärtsdynamik verlangsamt hat. Der Löwenanteil der neuen Jobs entstand im Dienstleistungsgewerbe, während im produzierenden Gewerbe nur 25 000 neue Kräfte angeheuert wurden, fast ausschließlich zur Fertigung langlebiger Konsumgüter. Dies war zwar mehr als der Durchschnitt der Zuwächse der Vormonate, allerdings wiederum deutlich schwächer als zu Jahresbeginn. Positiv wertet Christiane Berg von der BayernLB, dass in der Zeitarbeitsbranche, die dem gesamten Arbeitsmarkt gewöhnlich etwas vorausläuft, rund 14 000 Arbeitskräfte eingestellt wurden.Experten gibt die Achterbahnfahrt am US-Arbeitsmarkt jedenfalls Rätsel auf. So entstanden laut BLS während des ersten Quartals monatlich durchschnittlich 225 000 neue Arbeitsplätze. Von April bis Juni verschlechterte sich die Lage dramatisch. Da die Zahl der Neueinstellungen im Juni von 80 000 auf 64 000 nach unten korrigiert wurde, schlägt das zweite Quartal als schwächstes seit 2010 zu Buche. Nach Ansicht von Steve Blitz, Chefvolkswirt bei dem Investmentforschungsinstitut ITG, sind die jüngsten Zahlen daher auch mit Vorsicht zu genießen. “Ich würde von weichen 163 000 sprechen”, sagte Blitz. “Sie sind zwar kein Vorbote einer weiteren Rezession. Daraus abzuleiten, dass die Erholung Fuß gefasst hat, wäre aber ebenfalls ein Irrtum.”Weitere Indizien für wenig Bewegung am Arbeitsmarkt war die durchschnittliche Wochenarbeitszeit, die im Vormonat unverändert bei 34,5 Stunden lag. Der durchschnittliche Stundenlohn zog geringfügig um 0,1 % an. Einen Hinweis dafür, dass sich die Erholung nur langsam fortsetzt, lieferte auch der Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management (ISM). Dieser stieg im Juli von 52,1 Punkten im Juni auf 52,6 Punkte. Ein Wert von über 50 deutet auf eine Expansion im Dienstleistungsgewerbe hin.Anlass zur Sorge könnte nach Ansicht einiger Volkswirte hingegen der weitere Anstieg der breiter gefassten Arbeitslosenquote U-6 sein, die im Juli gegenüber dem Vormonat von 14,9 % auf 15 % stieg und in Staaten wie Kalifornien und Nevada bereits über 20 % liegt. U-6 berücksichtigt zusätzlich unfreiwillige Teilzeitarbeiter sowie “Entmutigte ” und Personen, die zum Beispiel aus gesundheitlichen oder familiären Gründen die Jobsuche aufgegeben haben. Laut BLS gesellen sich zu jenen 12,8 Millionen Arbeitslosen, die von der herkömmlichen Statistik (U-3) erfasst werden, weitere 8,2 Millionen Menschen, die eine Vollzeitbeschäftigung suchen, aber nur Teilzeitstellen finden konnten. Hinzu kommen 2,5 Millionen, die die Jobsuche aufgegeben haben oder aus anderen Gründen eine nur “marginale Bindung” an den Arbeitsmarkt haben.Einige Experten glauben, dass selbst die geringe Bewegung dieses Monats am Arbeitsmarkt nun der US-Notenbank Tür und Tor öffnet, um weitere monetäre Lockerungen zu beschließen. “Die jüngsten Zahlen deuten in keiner Weise auf eine Trendwende hin”, erklärt Peter Cardillo, Chefvolkswirt bei Rockwell Global Capital. “Sie lassen aber einerseits die Märkte aufatmen und könnten gleichzeitig ein Anstoß für die Fed sein, um über QE3 ernsthafter nachzudenken.” Nach der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses FOMC hatte Notenbankchef Ben Bernanke bekräftigt, dass die Fed bis Ende 2014 am Nullzins festhalten werde und, sofern erforderlich, “zusätzliche akkommodierende Maßnahmen” zur Stützung der US-Konjunktur ergreifen würde.