Parallelen zur Finanzkrise

US-Häusermarkt boomt wieder

Der US-Immobilienmarkt legt wieder kräftig zu. Zwar lauern Gefahren eines Einbruchs, doch striktere Aufsicht könnte die Risiken minimieren.

US-Häusermarkt boomt wieder

Von Peter De Thier, Washington

Am US-Häusermarkt werden Erinnerungen an jene Subprime-Krise wach, die seinerzeit den Weg bereitete für die globale Finanzkrise: Hohe Nachfrage, Preissteigerungen, wie man sie zuletzt 2006 erlebte, und Banken, die potenzielle Kreditnehmer eifrig umwerben. Zwar hat die verschärfte Finanzmarktaufsicht sichergestellt, dass sich die Risiken eines neuen Einbruchs am Immobilienmarkt in Grenzen halten. Parallelen zu jener Preisblase, die seinerzeit das Finanzsystem ins Wanken brachte, sind aber unbestreitbar.

Mittlerweile gehören bei fast allen relevanten Indikatoren, die den Aufschwung am Häusermarkt widerspiegeln, zweistellige Zuwachsraten zur Tagesordnung. Laut Handelsministerium legten die Verkäufe neuer Eigenheime im März um 20,7% und im Vorjahresvergleich um über 66% zu. Wie der Maklerveband National Association of Realtors (NAR) meldet, wechselten in demselben Monat 12,3% mehr bestehende Immobilien den Eigentümer als im März 2020, und für das gesamte laufende Jahr rechnet NAR-Chefökonom Lawrence Yun mit einem Plus von 10%. Schwebende Hausverkäufe, für die also ein unterschriebener Vertrag vorliegt, der aber noch nicht zum Abschluss gebracht wurde, schossen laut NAR sogar um über 23% hoch.

Auffällig ist auch die Preisentwicklung. Der viel beachtete S&P Corelogic Case-Shiller Index, ein Spätindikator, kletterte im Februar im Vorjahresvergleich um 12%. Der Sammelindex der Federal Housing Finance Agency (FHFA) legte sogar um 12,2% zu. „Preise stiegen so stark wie exakt vor genau 15 Jahren, nämlich im Februar 2006“, stellt Craig Lazzara, geschäftsführender Direktor bei S&P Dow Jones Indices, fest.

Die Entwicklung zieht auch die Aufmerksamkeit der US-Notenbank auf sich. Einerseits warnt die Fed in ihrem neuen Bericht zur Finanzstabilität vor den Risiken steigender Vermögenspreise, womit in erster Linie Aktien, aber auch gewerbliche Immobilien gemeint sind. Zudem konstatierte Fed-Chef Jerome Powell, dass die hohen Preise Erstkäufern den Einstieg in den Markt erschwerten. Andererseits beschwichtigte der Fed-Chef mit der Aussage, dass infolge des Dodd-Frank-Gesetzes zur Regulierung der Finanzmärkte sowie anderer Regeln die Kreditvergabe an Kunden mit geringer Bonität, die schnell in Zahlungsrückstand geraten können, heute fast ausgeschlossen sei.

Geteiltes Urteil der Experten

Deutlich pessimistischer schätzt der Immobilieninvestor Jeff Greene die Lage ein. Der Milliardär hatte schon vor der Subprime-Krise das Platzen der Preisblase vorausgesagt und sieht heute unverkennbare Parallelen. „Keine Frage, wir haben definitiv wieder eine Blase“, sagt Greene. „Getrieben werden die Preise zu 80% von der außerordentlich hohen Liquidität und zu 20% von den Fundamentaldaten des Immobilienmarkts“. Insbesondere findet er, dass die allgemeine Inflationsgefahr deutlich unterschätzt wird, diese die Zinsen hochdrücken und einen Preisverfall nach sich ziehen könnte.

Auch der Nationalökonom und Nobelpreisträger Robert Shiller wittert angesichts der kräftigen Preissteigerungen einige Gefahren. Überrascht ist er vor allem „von der Stärke des Immobilienmarktes, der sogar kräftiger boomt als die Aktienmärkte“. Einerseits habe die Corona-Pandemie die Nachfrage deswegen nach oben gedrückt, weil das Arbeiten im Homeoffice ein Trend der Zukunft sein könnte und Familien ihren Lebensraum erweitern wollen. „Es fehlt aber am Angebot“, stellt Shiller fest. Da Bauunternehmen nun verstärkt in neue Eigenheime investieren, werde die Zahl der Häuser, die zum Verkauf angeboten werden, schnell steigen. „Das wiederum wird zur Folge haben, dass die Preise wieder sinken“ ist der Professor der Universität von Yale überzeugt, wagt aber keine Voraussage dazu, ob womöglich ein neuer Einbruch drohen könnte.

Vorsichtig, aber überwiegend positiv bewertet hingegen James Egan, Immobilienmarkt-Stratege bei der Großbank Morgan Stanley, die Perspektiven. Er sagt, dass der Markt „auf einem sehr soliden Fundament steht“ und der Vergleich zur Subprime-Krise hinkt. Egan stellt fest, dass riskante Kredite, etwa jene mit variablen Zinssätzen oder solche, bei denen die Kreditsumme den Preis der Immobilien übersteigt, fast völlig verschwunden sind. „Diese machten während der Subprime-Krise 40% aller Darlehen aus, heute sind es nur 2%“, begründet der Experte seine Zuversicht.