US-Wirtschaft verliert erheblich an Schwung
det Washington
Die US-Wirtschaft hat im dritten Quartal einen unerwartet kräftigen Dämpfer bekommen. Ursächlich sind die andauernden Störungen in den globalen Lieferketten, fehlende Arbeitskräfte, Sorgen wegen der erneut steigenden Corona-Neuinfektionen sowie die ausgelaufenen Impulse seitens der Finanzpolitik. Wie das Bureau of Economic Analysis (BEA) des Handelsministeriums berichtete, wuchs das annualisierte Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Juli bis September im Quartalsvergleich um 2,0%. Volkswirte hatten ein Plus von 2,8% vorausgesagt nach dem Wachstum von 6,7% im zweiten Quartal. Der überraschend schwache Bericht stärkt jedenfalls Präsident Joe Biden den Rücken, der einen neuen Haushaltsentwurf im Wert von 1,75 Bill. Dollar vorlegte und weitere Konjunkturhilfen für notwendig hält, um die Wirtschaft auf Trab zu halten.
Besonders enttäuschend war die Entwicklung der privaten Konsumausgaben, die nur um 1,6% stiegen. Im vorangegangenen Quartal war der Privatkonsum, der in den USA fast 70% des BIP ausmacht, um 12% geklettert. Positiv schlugen die Unternehmensinvestitionen zu Buche. Einbußen meldete das BEA allerdings bei den Ausgabenprogrammen des Bundes. Auch drückte das hohe Handelsbilanzdefizit die Wachstumsrate.
Bei der US-Notenbank, deren Offenmarktausschuss kommende Woche zu seiner vorletzten Sitzung in diesem Jahr zusammentreten wird, wird vor allem der PCE-Preisindex Beachtung finden. Die Inflation legte 5,3% und an der Kernrate gemessen 4,5% zu. Zwar waren diese zuvor um 6,5% und 6,1% gestiegen. Gleichwohl liegen bei dem favorisierten Inflationsmaß der Notenbank die aktuellen Werte nach wie vor deutlich oberhalb der Zielgröße von 2%.
Paul Ashworth, Chefökonom für die USA bei Capital Economics, sprach von einer „großen Enttäuschung“. Laut Ashworth haben die meisten Experten zu Beginn des Quartals eine Wachstumsrate von etwa 7% vorausgesagt. Etliche Volkswirte heben die auffallende Schwäche bei den Ausgaben für langlebige Güter hervor, die um mehr als 26% einbrachen. Diese hätten besonders unter den Versorgungsengpässen und vor allem der globalen Halbleiterknappheit gelitten. Sofern die Neuinfektionen mit dem Coronavirus weiter zurückgehen rechnen die meisten Experten damit, dass die Wirtschaft sich im Schlussquartal wieder etwas dynamischer entwickeln wird.
Neuer Haushaltsentwurf
Als Folge des enttäuschenden Berichts könnten nun die von Präsident Joe Biden geplanten Ausgabenprogramme Rückenwind bekommen. Seit Wochen haben Flügelkämpfe innerhalb der Demokratischen Partei die Verabschiedung eines neuen Haushaltsgesetzes verhindert, das ursprünglich 3,5 Bill. Dollar wert sein sollte. Unmittelbar vor dem G20-Gipfel legte Biden einen halb so teuren Haushaltsentwurf vor. Das Paket würde das Gesundheitssystem ausbauen, den sozialen Wohnungsbau fördern und enthält 500 Mrd. Dollar für den Kampf gegen den Klimawandel. Finanziert werden soll der Haushalt durch eine Mindeststeuer von 15% für Unternehmen, Steuerzuschläge für Aktienrückkäufe und eine Sondersteuer für Einkommen über 10 Mill. Dollar.