"Verfassungsklage gegen Bankenunion chancenlos"

Brüssel und Berlin verteidigen Aufsichtsrolle der EZB

"Verfassungsklage gegen Bankenunion chancenlos"

Von Stephan Lorz, FrankfurtDie EU-Kommission und die Bundesregierung halten die von einer Gruppe deutscher Ökonomen und Juristen eingereichte Verfassungsklage gegen die Etablierung der Bankenunion für chancenlos. Die gesetzmäßige Fundierung der Bankenunion und die Beauftragung der Europäischen Zentralbank (EZB) als neue Europäische Bankenaufsicht sei juristisch geprüft und für rechtens befunden worden, heißt es unisono aus Brüssel und Berlin.Zuletzt wurde die Bankenunion von Bundesbankvorstand Andreas Dombret als “das ehrgeizigste europäische Projekt seit der Euro-Einführung” bezeichnet. Sie soll helfen, die Folgen der Finanz- und Staatsschuldenkrise zu bewältigen, indem dem gemeinsamen Währungsraum eine einheitliche Bankenaufsicht für die Großbanken übergestülpt wird und gleiche Regeln gelten zur Abwicklung strauchelnder Institute. Dabei soll vermieden werden, den Steuerzahler zu belasten, wie es zuletzt der Fall gewesen ist. Den Plänen zufolge sollen deshalb zunächst die Eigentümer und Gläubiger der abzuwickelnden Bank herangezogen werden, und – so das nicht genügt – ein Abwicklungsfonds einspringen, der von den Banken gespeist wird.Den Optimismus, dass dieses Konstrukt auch den ersten Test im Krisenfall bestehen wird, teilen die Kläger um den Berliner Finanzjuristen Markus C. Kerber indes nicht und verweisen auf die schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit: Der Maastricht-Vertrag sei umgangen oder einfach negiert worden, die Europäische Zentralbank, die eigentlich dem Bundesbankmodell nachempfunden worden sei, werde zur Staatsfinanzierung herangezogen, der Euro-Rettungsfonds für immer mehr Finanzierungsaufgaben eingesetzt, und die EU-Kommission erhalte schleichend nationalstaatliche Aufgaben zugeschanzt. Das deutsche Vertrauen in Sachargumente und Vertragstreue, heißt es in der Klageschrift, sei “politisch naiv und hat sich bereits bei der Maastricht-Debatte als fatal erwiesen”.Nach Ansicht von Kerber zeigt sich das nun auch bei der Bankenunion. So habe die Bundesregierung erst im Juli zwei Gesetzentwürfe verabschiedet, die es dem Rettungsfonds ESM ermöglichten, Finanzinstitute nun auch direkt zu retten. Das sei entgegen der früheren Intention und konterkariere die hehren Ziele in der Bankenunion. Letztlich würden damit dem deutschen Steuerzahler – außerhalb der nationalen Bankenaufsicht – neue Haftungsrisiken auferlegt, die angesichts einer Bilanzsumme der Banken in den Krisenländern von 9,13 Bill. Euro unabsehbar hoch seien.Vor allem halten es die Kläger für verfassungswidrig, dass die EZB die Aufgabe der Bankenaufsicht erhalten habe mit dem Hinweis, dies sei durch Artikel 127 der EU-Verträge gedeckt. Dabei werde darin nur zugestanden, dass die EZB einzelne Zusatzaufgaben erhalten dürfe, aber nicht mit der Aufsicht eine neue Institution. Genau darauf aber liefen die Regeln hinaus, kritisieren die Kläger. Dieser Rechtsakt hätte einer Änderung der EU-Verträge bedurft.