NIEDERLANDE

Verfrühter Jubel

In vielen europäischen Hauptstädten, insbesondere natürlich in Brüssel, ist der Ausgang der niederländischen Parlamentswahl mit großen Worten gefeiert worden. Von einem pro-europäischen Ergebnis war die Rede, von einem Sieg über den Populismus und...

Verfrühter Jubel

In vielen europäischen Hauptstädten, insbesondere natürlich in Brüssel, ist der Ausgang der niederländischen Parlamentswahl mit großen Worten gefeiert worden. Von einem pro-europäischen Ergebnis war die Rede, von einem Sieg über den Populismus und Extremismus, von einem guten Tag für die Demokratie. Wirtschaftsverbände stimmten in den Beifall mit ein. An den Börsen in Frankfurt oder auch Amsterdam wurden steigende Kurse notiert.Dabei gibt es eigentlich keinen Anlass für übertriebene Euphorie. Natürlich wäre es ein verheerender Auftakt in das europäische Superwahljahr und ein schlimmes Zeichen kurz vor dem 60. EU-Geburtstag gewesen, wenn in einem der Gründungsstaaten der Union ein Rechtspopulist wie Geert Wilders die politische Führung übernommen hätte. Aber war dies wirklich zu erwarten gewesen? Zudem sollte allen klar sein: Dies war keine Abstimmung über Europa, dazu haben im Wahlkampf ganz andere Themen dominiert. Von daher ist auch die vielbeschworene Signalwirkung für andere Länder nur äußerst begrenzt.Für die Zukunft der EU und des Euro ist die Präsidentschaftswahl in Frankreich im April und Mai die weit wichtigere Abstimmung. Sollte sich hier Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National tatsächlich durchsetzen, sind die Folgen für die Europäische Union kaum absehbar. An den Märkten wird bereits vor einer neuen Finanzkrise für diesen Fall gewarnt. Le Pen tritt weit EU- und Euro-feindlicher auf als Wilders und ist zugleich viel stärker in der Mitte der Gesellschaft angekommen als der Niederländer. Zudem hat Frankreich natürlich ein ganz anderes politisches Gewicht in Europa als der Benelux-Staat. Solange Le Pens Machtübernahme in Paris noch im Bereich des Möglichen ist, dürfte jeglicher europäischer Jubel verfrüht sein.Politischen Einfluss können Populisten außerdem auch ohne Regierungsverantwortung ausüben, da sie Themen setzen und andere Parteien und Politiker damit vor sich hertreiben können. Dies hat sich in den Niederlanden jetzt einmal mehr gezeigt, wo Ministerpräsident Mark Rutte zuletzt deutlich nach rechts gerückt ist. Und dies wird auch in Frankreich in den nächsten Wochen zu beobachten sein.Was also ist in den Niederlanden passiert? Wilders hat weiter zugelegt, wenn auch nicht so stark wie befürchtet. Rutte hat ein paar Sitze verloren. Die Regierungsbildung, für die wohl vier Parteien nötig sind, könnte schwierig werden. Viel Inspiration wird die EU aus diesem Wahlergebnis wohl kaum ziehen können.