Volkskongress im Bann der Personalfragen

Aufschluss über Spitzenposten erwartet

Volkskongress im Bann der Personalfragen

nh Schanghai – Chinas jährlicher Volkskongress, der am 5. März startet, steht in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen: Es geht vor allem um personelle Weichenstellungen, mit denen die zweite fünfjährige Amtszeit der gegenwärtigen Staatsführung und Regierung eingeleitet wird. Ein besonderer Knalleffekt ist in gewisser Weise bereits vorweggenommen worden: Am vergangenen Sonntag wurde bekannt, dass der Volkskongress eine neue Vorlage des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei billigen soll, der zufolge die bisherige Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf zwei Fünfjahresperioden gestrichen werden soll. Damit wird einer unbefristeten Führungsrolle des Parteichefs und Präsidenten Xi Jinping der Weg geebnet. Xi hat die OberhandMit dem Wegfall von bislang gängigen Altersregelungen wird Xi nach Ansicht der Experten die Gelegenheit bekommen, eine Reihe von weiteren Posten mit loyalen Gefolgsmännern zu besetzen. Dabei ist vor allem zu erwarten, dass der im Oktober altersbedingt aus dem Ständigen Ausschuss des Politbüros – und damit dem obersten Machtzirkel – ausgeschiedene Chef der Disziplinarkommission, Wang Qishan (69), noch einmal in eine aktive politische Rolle als Chinas Vizepräsident zurückkehrt. Die Disziplinarkommission ist für Chinas Antikorruptionskampagne verantwortlich.Neben dem am 5. März vorgelegten jährlichen wirtschaftlichen Rechenschaftsbericht der Regierung gilt wirtschaftspolitischen Beobachtern vor allem die Besetzung des Gouverneurspostens bei der People’s Bank of China (PBOC) als das größte Spannungsmoment rund um den etwa eine Woche laufenden Volkskongress. Der bisherige langjährige Zentralbankchef Zhou Xiaochuan soll mit Ablauf des Volkskongresses in den Ruhestand gehen. Als aussichtsreichste Anwärter galten bislang der gegenwärtige Chairman der Bankenaufsichtsbehörde, Guo Shuqing, sowie der gegenwärtige Parteichef der Provinz Hubei, Jiang Chaoliang, der bereits früher mit Geldpolitik und Finanzaufsichtsmaterien beauftragt war. Allerdings halten es einige Beobachter auch für möglich, dass Xi die eminent wichtige Position des Zentralbankpräsidenten mit seinem engsten Wirtschaftsberater Liu He zu besetzen gedenkt. Dieser weist allerdings, im Gegensatz zu den anderen Kandidaten, keinerlei Erfahrung in einer Spitzenposition bei der Zentralbank, den Finanzaufsichtsbehörden oder einer der großen chinesischen Staatsbanken auf. Finanzaufsicht im FokusWahrscheinlicher allerdings ist eine Lösung, bei der Liu in oberster Verantwortung für das neu geschaffene und im Staatsrat verankerte Financial Stability and Development Committee antreten wird, das als eine Art Finanzstabilitätsrat fungieren wird. Damit käme ihm eine übergeordnete Überwachungsfunktion für alle chinesischen Finanzregulatoren zu. Entsprechend wird man im Laufe des Volkskongresses bei den jeweils anstehenden Pressekonferenzen der Zentralbank und der drei Aufsichtsbehörden für Banken, Wertpapierwesen und Versicherungen auf sämtliche Zwischentöne achten, die einen Wink für mögliche Weichenstellungen geben könnten. So wird gegenwärtig auch darüber spekuliert, dass es zu einer Zusammenlegung von Regulatoren kommen könnte, wobei vor allem Banken- und Versicherungsaufsicht zusammenrücken könnten. Endgültige Klarheit über die Neubesetzung der Zentralbankspitze sowie einer Reihe weiterer wichtiger Ministerposten wird man im Zweifelsfall aber erst am letzten Tag des Volkskongresses erhalten, wobei das Datum erst noch bekannt gegeben wird. Dann nämlich wird der Volkskongress den Ministerpräsidenten Li Keqiang im Amt bestätigen, der in der Folge die neuen Kabinettsmitglieder und auch den neuen PBOC-Gouverneur benennt. Der Ministerpräsident gewährt traditionellerweise auch eine große Pressekonferenz, bei der Journalisten die einzige Gelegenheit im Jahr erhalten, einem chinesischen Spitzenpolitiker öffentlich Fragen zu stellen.