Von der Leyen und Lagarde sollen EU-Kommission und EZB führen

Überraschende Einigung auf Brüsseler Sondergipfel - Kritik aus dem Europäischen Parlament

Von der Leyen und Lagarde sollen EU-Kommission und EZB führen

ahe Brüssel – Im Personalpoker um die Spitzenposten in der EU hat es eine überraschende Einigung der Staats- und Regierungschefs gegeben: Diese sieht vor, dass Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) neue Präsidentin der Europäischen Kommission werden und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, die Leitung der Europäischen Zentralbank (EZB) übernehmen soll. Dies teilte der Europäische Rat nach einem weiteren Sondergipfel gestern Abend mit.Nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde die Lagarde-Personalie einstimmig gebilligt. Bei von der Leyen gab es eine Enthaltung – nämlich die von Merkel selbst, da der Koalitionspartner SPD in Berlin der Berufung der CDU-Politikerin zunächst nicht zustimmen wollte. “Der Europäische Rat hat Handlungsfähigkeit bewiesen”, betonte Merkel in Brüssel. Kritik bezüglich der Qualifikationen von Lagarde wies sie zurück. Die Französin verfüge über genügend Erfahrung und Wissen, betonte die Kanzlerin. Lagarde selbst erklärte, die Nominierung sei ihre eine Ehre. In Absprache mit der Ethikkommission des IWF-Exekutivausschusses habe sie beschlossen, ihren IWF-Posten während der Nominierungsperiode vorübergehend aufzugeben.Im neuen Personalpaket, für das der Rat nun im EU-Parlament werben will, soll der belgische Ministerpräsident Charles Michel (Liberale) neuer EU-Ratspräsident werden und der spanische Außenminister Josep Borrell der künftige Außenbeauftragte der Union. Für die Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten und der Liberalen bleiben keine herausgehobenen Posten: Frans Timmermans und Margrethe Vestager sollen Vizepräsidenten der EU-Kommission werden. Manfred Weber soll in der zweiten Halbzeit der Legislatur die Parlamentspräsidentschaft übernehmen. Die erste Hälfte könnte an den früheren bulgarischen Ministerpräsidenten Sergei Stanischew gehen.Heute will das neue EU-Parlament in Straßburg seinen Präsidenten wählen. Aus dem Plenum kam gestern bereits scharfe Kritik an dem neuen Personalvorschlag. Der SPD-Politiker Udo Bullmann bezeichnete von der Leyen als “nicht akzeptabel”. Man könne das Spitzenkandidaten-Prinzip nicht einfach über Bord werfen, weil das Ergebnis der Europawahl einigen Regierungschefs nicht in den Kram passe, erklärte er. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold sprach von einem “bitteren Personalvorschlag”. Er verwies auf einen Untersuchungsausschuss wegen nicht ordnungsgemäßer Vergabe von Beraterverträgen. Europa verdiene “etwas Besseres”. Unverständnis über den Von-der-Leyen-Vorschlag kam in Berlin auch von der FDP. – Leitartikel Seite 6 Personen Seite 12