Vor Vertrauenskrise gewarnt

Italiens Notenbankchef Visco sieht Zukunft seines Landes nur in der EU

Vor Vertrauenskrise gewarnt

Italiens Notenbankgouverneur Ignazio Visco warnt angesichts heftiger Turbulenzen an den Finanzmärkten vor dem “ernsten Risiko eines Verlustes des unersetzbaren Gutes namens Vertrauen”, von dem man nur ein paar Schritte entfernt sei. Die Zukunft des Landes könne nur in Europa liegen.bl Mailand – Der italienische Notenbankchef Ignazio Visco hat die Politik aufgefordert, die Verschuldung von derzeit 131,8 % des Bruttoinlandsprodukts zu reduzieren. Diese könne und müsse innerhalb der nächsten zehn Jahre auf 100 % sinken, erklärte der Chef der Banca d’Italia in einer Rede. Das habe nichts mit einem Diktat der Märkte oder der EU zu tun, sondern sei eine Frage der ökonomischen Logik. Visco nahm wiederholt indirekt zum Koalitionsprogramm der inzwischen gescheiterten Regierungsbildung zwischen Lega und der 5-Sterne-Bewegung (M5S) Stellung. Die beiden populistischen Parteien, die bei den Wahlen vom 4. März gemeinsam eine Mehrheit der Sitze in Senat und Abgeordnetenhaus gewonnen hatten, stellten die EU-Regeln in Frage und dachten über einen Euro-Austritt nach. Zudem planten sie im Fall einer Regierungsübernahme ein schuldenfinanziertes Programm mit Flat Tax und Grundeinkommen, das jährlich mehr als 100 Mrd. Euro kosten würde.Visco hält die Turbulenzen an den Finanzmärkten mit einem Anstieg des Spread zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen auf bis zu 323 Basispunkte für nicht gerechtfertigt. Die Fakten gäben das nicht her. Allerdings seien viele Emotionen im Spiel. Er warnte vor einem Vertrauensverlust, der “immer nur ein paar Schritte” entfernt sei.Im Übrigen bekannte sich Visco zu Europa. “Das Schicksal Italiens ist das von Europa. Es gibt keine Lösung außerhalb der EU.” Sein Land müsse bei Gesprächen um die Zukunft Europas eine Rolle spielen. Natürlich könne man über einzelne Bestimmungen diskutieren. Aber an existierende Regeln müsse man sich zum Schutz der Ersparnisse und zur Sicherung der öffentlichen Haushalte halten. Andernfalls drohe eine Kapitalflucht mit unabsehbaren Folgen. Visco sieht sein Land grundsätzlich auf einem guten Weg. Die Exporte hätten 2017 um 5,4 % zugelegt, die Investitionen zögen an, die Wirtschaft wachse dieses Jahr um voraussichtlich 1,5 % und die Arbeitslosenquote sei seit 2014 von 13 auf 11 % gesunken. Allerdings sei die soziale Ungleichheit gestiegen. Vor allem im Süden wachse deshalb die Armut. Der Notenbankchef sprach sich deshalb für eine Grundsicherung aus, die so gestaltet sein müsse, dass sie die Verschuldung nicht erhöhe und die Suche nach einer Beschäftigung nicht konterkariere.Der Notenbankchef sieht die Banken des Landes als deutlich stabiler an als etwa 2015. Ihr Bestand an ausfallgefährdeten Krediten sei seither um ein Drittel auf 135 Mrd. Euro reduziert worden. Für 2018 erwartet Visco eine weitere Rückführung um 65 Mrd. Euro. Allerdings sind aus seiner Sicht einige Institute noch nicht rentabel genug.