EZB

Warnung vor fiskalischer Dominanz

Am Donnerstag entscheidet der EZB-Rat über die Geldpolitik im Euroraum. Die Spannung ist nach dem jüngsten Anstieg der Euro-Rendite und vielen Wortmeldungen von Euro-Notenbankern groß. Der Kronberger Kreis warnt.

Warnung vor fiskalischer Dominanz

ms Frankfurt

Einen Tag vor der heutigen Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) haben führende wirtschaftsliberale Ökonomen aus Deutschland davor gewarnt, die Geldpolitik zu sehr in den Dienst der Fiskalpolitik zu stellen und so die EZB-Unabhängigkeit zu gefährden. „Eine fiskalische Dominanz der Geldpolitik muss vermieden werden“, sagte der Wirtschaftsweise Volker Wieland am Mittwoch bei Vorlage einer Studie des Kronberger Kreises zur EZB-Strategieüberprüfung. Die EZB müsse deshalb auch einen Plan vorlegen, wie sie die hohen Staatsanleihebestände in ihrer Bilanz reduzieren wolle, und sie dürfe jetzt auch nicht auf den Anstieg der Euro-Anleiherenditen überreagieren.

Mit seiner Warnung heizt der Kronberger Kreis die Debatte über die verwischenden Grenzen zwischen Fiskal- und Geldpolitik gerade auch im Euroraum an. In der Corona-Pandemie hat die Kooperation von Regierungen und EZB noch einmal ganz neue Dimensionen erreicht. Mit dem Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP unterstützt die EZB sogar gezielt einzelne Länder. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hält das Risiko einer fiskalischen Dominanz aktuell für so akut wie lange nicht. Andere Euro-Hüter beschwichtigen. Zusätzliche Brisanz erhält die Debatte durch den jüngsten Anstieg der Staatsanleiherenditen. Viele Notenbanker haben sich da zuletzt durchaus alarmiert gezeigt.

Der Kronberger Kreis, ein Zu­sammenschluss wirtschaftsliberaler Hochschulprofessoren, warnt nun, dass die hohen staatlichen Schuldenquoten in der Eurozone die EZB unter Druck setzten, die Kosten der Schuldenfinanzierung niedrig zu halten. Dieser Druck gefährde die Unabhängigkeit der EZB und dürfe sie nicht dazu verleiten, ihre Krisenpolitik über die Coronakrise hinaus fortzuführen. „Die geldpolitische Strategie der EZB darf sich nicht an den fiskalischen Problemen der Mitgliedstaaten ausrichten“, sagte Wieland. Die Ökonomen fordern deshalb auch, dass die EZB erklärt, „wie sie die hohen Staatsanleihebestände in ihrer Bilanz längerfristig reduziert“. Durch die beispiellosen Anleihekaufprogramme ist das Eurosystem aus EZB und den 19 nationalen Zentralbanken zum größten Gläubiger der Euro-Staaten aufgestiegen. Wieland sagte, Staatsanleihekäufe könnten ein Instrument der Geldpolitik im Krisenfall sein – „aber nicht für den Normalbetrieb“.

Wieland erklärte, dass aktuell eine monetäre Finanzierung der Staaten durch die EZB stattfinde. Das geschehe aber „aus geldpolitischen Gründen“. Diese Rechtfertigung werde jedoch irgendwann wegfallen, dann müsse auch die EZB reagieren. Viele EZB-Kritiker in Deutschland werfen der EZB vor, sie betreibe verbotene monetäre Staatsfinanzierung.

In dem Kontext sprach sich Wieland auch dagegen aus, dass die EZB groß auf den jüngsten Anstieg der Anleiherenditen reagiert. Es gebe „keinen Grund für Interventionen“. wenn die Inflation anziehe, sei es auch normal, dass die langfristigen Zinsen anstiegen. Viele Euro-Notenbanker haben sich zuletzt besorgt gezeigt und mit mehr oder schnelleren Anleihekäufen geliebäugelt.

Die Ökonomen sprechen sich auch gegen eine „grüne“ Geldpolitik aus. „Es ist davon abzuraten, die Bilanz der Notenbank zur Finanzierung und Subvention von Klimaschutzprojekten einzusetzen“, sagte Wieland. Das würde „tief in den politischen Bereich eingreifen“. Die EZB solle grüne Anleihen weder bei den Anleihekäufen noch bei ihrem Sicherheitenrahmen bevorzugen.