Westen rüstet Ukraine auf
rec Frankfurt
Unter dem Eindruck augenscheinlicher Kriegsverbrechen und in Erwartung einer Großoffensive Russlands im Osten der Ukraine stocken Kiews Verbündete ihre Waffenlieferungen auf. Die US-Regierung bereitet offenbar ein 750 Mill. Dollar schweres Paket an Militärhilfen vor. Die Europäische Union stellt weitere 500 Mill. Euro für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung zur Verfügung. Auch aus Berlin kommen einhellige Signale, das ukrainische Militär entschiedener aufzurüsten.
Hintergrund sind Befürchtungen, dass Russland in Kürze einen Großangriff im Donbass startet. Experten sehen eine entscheidende Phase im Ukraine-Krieg anbrechen, zumal die Aussicht auf einen Waffenstillstand momentan gegen null tendiert. Hinzu kommt, dass auch der Krieg der Worte immer mehr eskaliert. Die Konfrontation zwischen Russland und dem Westen, allen voran den USA, spitzt sich dadurch zu.
US-Präsident Joe Biden hat Russland einmal mehr des Völkermords bezichtigt. In einer Rede am Dienstagabend bekräftigte Biden: „Ich habe es Völkermord genannt, denn es wird klarer und klarer, dass Putin einfach versucht, die Idee, überhaupt Ukrainer sein zu können, auszuradieren.“ Der Kreml wies die Vorwürfe am Mittwoch als „inakzeptabel“ zurück. Außerdem sagte Russlands stellvertretender Außenminister Sergej Rjabkow der russischen Nachrichtenagentur Tass, man werde Fahrzeuge der USA oder Nato, die Waffen auf ukrainischem Territorium transportieren, als legitime Angriffsziele ansehen.
Anlass für Rjabkows Drohung sind eine Reihe zusätzlicher Militärhilfen für die Ukraine sowie entsprechender Ankündigungen und Zusagen. So plant die US-Regierung, zusätzliche Waffen und Ausrüstung im Umfang einer Dreiviertelmilliarde Dollar zu liefern. Das berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Eine Zustimmung des US-Kongresses soll nicht notwendig sein. Das würde den Prozess beschleunigen. Die Lieferungen aus den USA summieren sich seit Kriegsbeginn laut der Nachrichtenagentur Bloomberg bereits auf mehr als 1,7 Mrd. Dollar.
Laut der Nachrichtenagentur Reuters setzte das US-Verteidigungsministerium für Mittwoch ein Treffen mit Vertretern von Rüstungsfirmen an. Thema sei, ob diese die ukrainische Nachfrage nach Waffen bedienen könnten, sollte sich der Krieg mit Russland über Jahre hinziehen.
Die EU wird weitere 500 Mill. Euro zur Verfügung stellen. Das kündigte der Rat der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel an. Damit erhöhen sich die zur Verfügung gestellten Mittel auf 1,5 Mrd. Euro. Es ist die dritte Tranche aus einem neuen Finanzierungsinstrument der EU, der sogenannten Europäischen Friedensfazilität. Mit dem Geld sollen laut der Mitteilung persönliche Schutzausrüstung, Erste-Hilfe-Kästen und Treibstoff, aber auch Waffen zu Verteidigungszwecken finanziert werden.
Die EU hat den Hilfstopf kurz nach Kriegsbeginn zur Unterstützung der Ukraine aufgelegt. Vorgesehen sind maximal knapp 5,7 Mrd. Euro. „Die nächsten Wochen werden entscheidend sein“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.
Auch führende Vertreter der Ampel-Koalition im Bundestag dringen auf zusätzliche Waffenhilfe und ein Embargo auf russisches Öl. Die Rede ist von „schweren Waffen“ für die Ukraine – eine Formulierung, die zu Wochenbeginn Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verwendet hatte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Mittwoch in einem Radiointerview weitere Waffenlieferungen zu. Details nennt die Bundesregierung seit jeher nicht. Für Irritationen sorgten Berichte, wonach die Ukraine nicht an älteren Exemplaren von „Leopard“-Panzern interessiert sein soll. Diese hat der Rüstungskonzern Rheinmetall angeboten.