Gastbeitrag:US-Geldpolitik

Wie wahrscheinlich sind Zinserhöhungen der Fed in 2025?

Mit Blick auf die Fed-Sitzung im Dezember stellt sich für viele Anleger gerade die Frage, ob die US-Notenbank erneut die Zinsen senken wird. Wir halten eine andere Frage für interessanter: Wo setzt sie die Zielspanne für Ende 2025 an?

Wie wahrscheinlich sind Zinserhöhungen der Fed in 2025?

Erhöht die Fed 2025 die Zinsen?

Die US-Notenbank wird wahrscheinlich auch im nächsten Jahr die Zinsen weiter senken, dabei dürfte sich die zentrale Diskussion um das Tempo der Lockerung drehen. Ein gewisses Risiko, dass der designierte US-Präsident Donald Trump aggressive Zölle durchsetzt, besteht zweifelsfrei. Mit einer Kursumkehr der Fed und einer Wiederanhebung der Zinsen rechnen wir aber nicht. Dennoch werde ich häufig gefragt, was zu einer solchen Kehrtwende führen könnte.

Die Wirtschaft normalisiert sich

In vielen Volkswirtschaften, darunter den Vereinigten Staaten, stehen die Zeichen inzwischen wieder auf „Normalität“ – ein Zustand, der seit der Corona-Pandemie nicht mehr erreicht wurde. Hierbei betrachtete Indikatoren sind etwa Preisniveau, Inflation, Arbeitsmärkte und realer Wohlstand. Und auch die langfristigen Inflationsaussichten sind unterdes konstant geblieben.

Blick auf die Taylor-Regel

Bei der Rückkehr zur Normalität muss also nur noch die Geldpolitik mitspielen. Aber eine Wirtschaft, die sich nun weitgehend von den einmaligen Pandemieschocks erholt hat, sollte doch in der Lage sein, auch zu einer „normaleren“ Geld- und Zinspolitik zurückzukehren. Oder etwa nicht?

Tiffany Wilding ist Managing Director und Volkswirtin in der Firmenzentrale von Pimco. Sie erstellt den firmeninternen Ausblick für die Weltwirtschaft und analysiert zentrale makroökonomische Risiken für das Investmentkomitee des Unternehmens. Foto: Pimco

Hier lohnt sich, ein genauer Blick auf eine Reihe geldpolitischer Leitlinien – entworfen auf Basis der bekannten Taylor-Regel von James Bullard während seiner Amtszeit als Präsident der St. Louis Fed. Dessen Modelle deuten klar auf weiteren Spielraum für Zinssenkungen hin. Die Empfehlung für den Höchstzinssatz im aktuellen Zyklus beläuft sich nach besagten Regeln auf 5 bis 7%, während der tatsächliche Höchststand bei 5,25 bis 5,5% lag. Dafür sollte das derzeitige Niveau allerdings wieder 100 bis 200 Basispunkte unter dem aktuellen mittleren Leitzins von etwa 4,6% liegen. Selbst wenn man Bullards angenommene Spanne für den neutralen Realzins an die langfristige Projektion der Fed von 0,5 bis 1,0% anpasst, würden seine Modelle immer noch einen Leitzins nahelegen, der 50 bis 150 Basispunkte unter dem aktuellen Niveau liegt.

Momentan liegt die Kerninflation in den USA gemäß dem PCE-Index (private Konsumausgaben) bei 2,7%. Damit die erwähnten geldpolitischen Regeln höhere Zinsen rechtfertigen würden, müsste die Inflation wieder auf über 4,0 bis 4,5% steigen.

Fed könnte vor Dilemma stehen

In einem Szenario mit aggressiven Zöllen könnte die Inflation in diese Richtung getrieben werden. Ein moderater Ansatz bei China-Zöllen hingegen hätte wahrscheinlich nur geringe inflationäre Auswirkungen, die seitens der Fed sogar kaum Beachtung finden dürften. Setzt man ein übliches Durchschlagsverhältnis von Importpreisschocks auf Verbraucherpreise von 10 zu 1 an, wäre eine Erhöhung des durchschnittlichen effektiven Zollsatzes um 15 Prozentpunkte erforderlich, um die Kerninflation auf 4,0 bis 4,5% zu bringen.

Interessanterweise entspricht eine solche Erhöhung um 15 Prozentpunkte in etwa den aggressivsten Vorschlägen Trumps vor der Wahl, darunter der 60-Prozent-Zoll auf chinesische Waren. Im Vergleich zu seiner letzten Amtszeit wäre ein solches Vorgehen aber deutlich extremer – damals wurde der durchschnittliche Zollsatz nur um drei Prozentpunkte erhöht, der Effekt auf die Kerninflation in den USA war mit schätzungsweise 0,3 Prozentpunkten marginal. Und selbst wenn es zu einer extremen Erhöhung der Zölle kommen sollte, kann die Reaktion der Fed auf eine wieder anziehende Inflation nicht vorhergesagt werden. Zölle könnten genauso gut das Wachstum beeinträchtigten und die Arbeitslosigkeit erhöhen, die Fed wäre mit ihrem Doppelmandat in einem Dilemma.

Mögliche Gegenmaßnahmen

Trump könnte außerdem versuchen, die Auswirkungen auf das Preisniveau abzumildern – wie 2018, als er Zollerhöhungen auf vornehmlich Investitionsgüter und Produktionsmittel mit einer Senkung der Unternehmenssteuersätze kombinierte.

Was könnte die Fed also wirklich zu Zinserhöhungen zwingen? Ein weiterer globaler Energiepreis-Schock, der die Inflationserwartungen nach oben treibt, wäre ein solches Szenario. Genau das geschah in den 1970er-Jahren, als die Fed nach einer Reihe von Zinssenkungen umschwenkte. Aber auch im Zuge der Pandemie kam es zu einem der größten Angebotsschocks, den die Weltwirtschaft je erlebt hat, gepaart mit einem der größten fiskalischen Nachfrageimpulse. Und trotzdem hat die Fed einen Höchstsatz von 5,25 bis 5,5% nicht überschritten.