„Wir sind ein starkes Land“
Von Angela Wefers, Berlin
Keineswegs wehmütig und voller Tatendrang hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem letzten Sommerauftritt in der Bundespressekonferenz gezeigt. Den Wählern hatte Merkel am Anfang der Legislaturperiode versprochen, bis zum Ende zur Verfügung zu stehen. Da hält sie Wort und erscheint in Zeiten von Corona und verheerendem Hochwasser keineswegs amtsmüde. „Ich kann nicht sagen, dass die Aufgaben nicht da sind“, sagte Merkel auf eine der vielen Fragen nach einer Bilanz. Die Bürger rief sie mit Blick auf steigende Corona-Inzidenzwerte eindringlich dazu auf, sich impfen zu lassen. „Je mehr geimpft wird, desto freier werden wir“, stellte sie in Aussicht. Den Hochwasseropfern versprach sie ausreichende staatliche Unterstützung, auch über die jetzt zugesagten Soforthilfen hinaus. Merkel mahnte zu Geduld: Es werde lange brauchen, die Schäden zu beseitigen.
In Teilen geriet die Pressekonferenz dann doch zu einer Bilanz der Kanzlerschaft Merkels, die 2005 begann. Beim zentralen Thema Klimaschutz zieht die Kanzlerin eine gemischte Bilanz. Ihr politisches Leben sei gekennzeichnet vom Einsatz für den Klimaschutz – seit 1994, als sie in der Regierung von Helmut Kohl (CDU) Umweltministerin wurde. Viel Kraft habe sie darauf verwandt, für Mehrheiten zu kämpfen. Aber nach naturwissenschaftlichen objektiven Erkenntnissen reiche das Tempo der Maßnahmen gegen den Klimawandel nicht aus. Es müsse schneller werden, hielt sie fest. Bei den Verhandlungen des Rates mit der EU-Kommission über das Klimaprogramm „Fit for 55“ dürfte Merkel auch nach der Bundestagswahl noch für Deutschland im Einsatz sein – wenn in Berlin womöglich schwierige Koalitionsverhandlungen laufen und sie noch im Amt ist.
Als Frauenrechtlerin ist Merkel nie aufgetreten. „Tendenziell gibt es bei Frauen eine gewisse Sehnsucht nach Effizienz“, sagt sie nach einigem Abwägen auf die Frage nach Unterschieden zu Männern im politischen Stil. Mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, war ihr ein Anliegen, besonders nachdem die Wirtschaft freiwillige Schritte schnöde ignorierte. Dies habe sie dazu gebracht, sich auch für eine Mindestquote in Vorständen einzusetzen. „Von alleine geht ziemlich wenig.“ Das habe sie sich 1990, als sie in die Politik ging, einfacher vorgestellt.
Für den nächsten Kanzler gibt es gleich eine To-do-Liste. „Wir sind ein starkes Land“, sagte Merkel. Das habe sich bei den Wirtschaftshilfen in der Coronazeit gezeigt. „Aber wir haben an einigen Stellen zu tun, um den hohen Standard, den wir haben, aufrechtzuerhalten.“ Die Welt entwickele sich außerordentlich dynamisch. Die USA investierten allein 250 Mrd. Dollar binnen drei Jahren für die Chipentwicklung. Europa müsse sich ranhalten bei diesem Tempo – bei Chips, beim Quantencomputing oder bei Batteriezellen. „Das sehe ich als eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre an.“