Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen

Wirtschaftsweise plädieren für mehr und besser genutzte Wohnungen

Wohnraum ist in Deutschland knapp und zumeist teuer – ein nicht nur soziales, sondern auch gesamtwirtschaftliches Problem, mahnt der Sachverständigenrat Wirtschaft. Und liefert Lösungsvorschläge.

Wirtschaftsweise plädieren für mehr und besser genutzte Wohnungen

Mehr neue Wohnungen und den Bestand besser nutzen

ba Frankfurt

Mehr Wohnungen und diese auch besser nutzen − so lautet der Vorschlag des Sachverständigenrats Wirtschaft, um den eklatanten Wohnraummangel, vor allem in Ballungsräumen, zu mindern. Denn dieser „ist nicht nur ein soziales, sondern auch ein gesamtwirtschaftliches Problem“, heißt es im Jahresgutachten 2024/2025. Denn die Wohnraumknappheit hemme den Zuzug von Arbeitskräften in produktive Regionen.

Baukosten senken

Um mehr Wohnraum zu schaffen, empfehlen die Wirtschaftsweisen, mehr Bauland auszuweisen, Hürden für die Nachverdichtung zu senken sowie Maßnahmen zu ergreifen, um die Baukosten zu senken. Als gutes Beispiel für letzteres gilt der jüngst beschlossene Gebäudetyp E, mit dem durch Abweichungen vom Baustandard rund 10% der Baukosten eingespart werden könnten, wie Experten schätzen. Auch sollten Bauvorschriften vereinheitlicht werden, um mehr serielles und modulares Bauen zu ermöglichen. Bauanreize wiederum könnten durch Anpassungen bei der Grundsteuer erhöhen werden: „Dazu könnte die Grundstücksfläche bei der Bemessung der Grundsteuer stärker gewichtet werden, um eine dichtere Bebauung attraktiver zu machen“, heißt es in dem Gutachten.

Mietpreisbremse soll 2028 enden

Zudem, so die Empfehlung weiter, könne der Wohnungsbestand effizienter genutzt werden, indem finanzielle Umzugshürden, die durch den sich vergrößernden Abstand zwischen Bestands- und Neumieten entstehen, abgesenkt werden. Dazu sollten die Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen nicht mehr von 20% auf 15% gesenkt werden, wie es oft in angespannten Wohnungsmärkten geschieht, und Neumieten sollten in den Mietspiegeln stärker berücksichtigt werden. Generell sollte die restriktive Mietregulierung nur begrenzt gelten und zwingend mit Maßnahmen einhergehen, die neuen Wohnraum schaffen. „Damit diese Maßnahmen auch wirklich umgesetzt werden, sollte die Mietpreisbremse nicht über das Jahr 2028 hinaus verlängert werden“, heißt es.

Zielgenauer Fördern

Damit auch einkommensschwache und benachteiligte Bevölkerungsgruppen besseren Zugang zu angemessenem Wohnraum haben, sollten sich die Subjekt- und Objektförderung in der sozialen Wohnungspolitik ergänzen, lautet die letzte der Empfehlungen. Einkommensschwachen Haushalten erleichtere das Wohngeld (Subjektförderung) zielgenau den Zugang zum Wohnungsmarkt, bei Personengruppen, die unabhängig von ihrer Einkommenssituation auf dem regulären Wohnungsmarkt benachteiligt sind, seien es Sozialwohnungen (Objektförderung). Dazu zählten etwa Alleinerziehende, kinderreiche Familien oder Zugewanderte. Beide Förderarten ergänzten sich gegenseitig, doch sei die soziale Wohnraumförderung weniger zielgenau als das Wohngeld. Denn mit zunehmender Mietdauer könne es zu Fehlbelegungen kommen. Zur höheren Zielgenauigkeit der Förderung schlägt der Sachverständigenrat Wirtschaft daher eine marktnahe Fehlbelegungsabgabe vor.

Der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) beziffert aktuell die Neubaulücke auf etwa 600.000 Wohnungen. Ohne zusätzliche Anstrengungen könnte diese Zahl auf bis zu 830.000 im Jahr 2027 steigen.  Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) errechnet einen Bedarf von jährlich rund 372.600 neue Wohnungen. Da in den vergangenen drei Jahren jedoch jährlich nur rund 294.400 Wohnungen fertiggestellt wurden, wird selbst das von der Ampel-Regierung mit 400.000 neuen Wohnungen jährlich ausgerufene Ziel weit verfehlt. Zudem verheißen die seit über zwei Jahren rückläufigen Baugenehmigungen kaum Besserung: Von Januar bis August 2024 sanken die Genehmigungen um 19,3% auf 141.900 Wohnungen.

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