Zeichen für Privatkonsum stehen gut
Von Alexandra Baude, Frankfurt
Die derzeitigen Wachstumshoffnungen ruhen zu einem großen Teil auf der Erwartung, dass der Privatkonsum mit den weiteren Lockerungsschritten kräftig anziehen wird. Und die Aussichten stehen in der Tat gut, denn der robuste Arbeitsmarkt sorgt für relativ stabile Einkommen. Angesichts geschlossener Läden, Restaurants und mangelnder Reisemöglichkeiten ist so einiges Geld im Sparstrumpf gelandet, das nun wieder in den Konsum fließen könnte. Ein Wermutstropfen sind allerdings die wieder steigenden Corona-Infektionszahlen. So warnten gestern das Robert Koch-Institut (RKI) ebenso wie Intensivmediziner vor einem rapiden Rückfall. Und auch die Bundesregierung hat die Länder eindringlich dazu aufgerufen, die Notbremse bei einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner auch tatsächlich einzusetzen.
Ökonomen erwarten für dieses Jahr ein ähnliches Verbraucherverhalten wie schon nach dem Lockdown im Frühjahr 2020. Im zweiten Quartal 2020 war die Sparquote auf rekordhohe 20,3% geklettert, während der Privatkonsum um 11% abrutschte. Im dritten Quartal sank die Sparquote dann im Rahmen der Lockerungsschritte auf 15,3%, der private Verbrauch kletterte hingegen um 10,8% im Jahresvergleich. Mark Schattenberg von der Deutschen Bank etwa beziffert das mögliche Nachholvolumen auf 30% der Ersparnis der privaten Haushalte im Jahr 2020 von rund 333,1 Mrd. Euro – das wären etwa 50 Mrd. Euro. In einem optimistischeren Szenario geht er von bis zu 65 Mrd. Euro zusätzlich aus, so dass der Privatkonsum im Gesamtjahr um etwa 2% wachsen könnte – allerdings könnten sich dann „eventuelle Angebotsengpässe noch stärker an der Preisfront bemerkbar machen“. Im schlimmsten Fall könnte sich eine strukturell höhere Inflationsdynamik ergeben, mahnt Schattenberg.
Die bisher vorliegenden Daten und die drohenden erneuten Restriktionen legen nahe, dass die Sparquote aktuell wieder ansteigt – Ende 2020 lag sie bei 16,3% nach 10,9% im Jahr 2019. Wie stark die Corona-Pandemie das Konsumverhalten privater Haushalte verändert hat, zeigen die gestern anlässlich des Weltverbrauchertages veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis). So sind die Ausgaben für Waren und Dienstleistungen 2020 auf Jahressicht preisbereinigt um 5,0% gesunken. Dies war der stärkste Rückgang seit 1970 und ein deutlicher Unterschied zur globalen Finanzkrise 2008/2009, als der private Konsum weniger beeinträchtigt war und dadurch die Wirtschaft stabilisiert hatte. Der Lockdown zeigt sich deutlich bei den Ausgaben in Beherbergungsbetrieben und Gaststätten (–33,2%) und für den Verkehr (–11,7%). Wobei die Kfz-Nachfrage wohl auch wegen der temporären Mehrwertsteuersenkung und der E-Auto-Prämie im zweiten Halbjahr um 9,9% anzog. Die „Abwrackprämie“ von 2009 allerdings hatte die Kfz-Nachfrage um 26,1% erhöht.