Geldpolitik

Zinsentscheide befeuern Debatte über Kurswechsel

Veranlasst ein Überschreiten des Inflations-Hochpunkts die Zentralbanken weltweit zu einer weniger aggressiven Geldpolitik? Einige Zinsentscheide befeuern solche Spekulationen.

Zinsentscheide befeuern Debatte über Kurswechsel

ms Frankfurt

Zinsentscheide in Europa und Asien haben die Debatte befeuert, ob ein Überschreiten des Inflations-Hochpunkts die Zentralbanken weltweit zu einer weniger aggressiven Geldpolitik veranlassen könnte – und sogar das Ende des globalen Zinserhöhungszyklus zusehends näher rückt. In Norwegen ließ die Norges Bank angesichts eines zuletzt unerwartet starken Rückgangs der Teuerung ihren Leitzins am Donnerstag unverändert bei 2,75%, signalisierte aber für März eine weitere Anhebung. In Malaysia überraschte die Notenbank mit ihrer Entscheidung, beim Niveau von 2,75% zu bleiben. In Indonesien hob die Zentralbank ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 5,75% an, gab aber zugleich Signale, dass der Höhepunkt im Zinszyklus absehbar sei.

Höhepunkt der Inflation

Angesichts der rasant steigenden und viel zu hohen Inflation hatten im vergangenen Jahr Zentralbanken rund um den Globus ihre Geldpolitik so aggressiv gestrafft wie seit Jahrzehnten nicht und teils wie noch nie. Zugleich gab es zunehmend Sorgen, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession rutscht – was Kritik an den Notenbanken befeuert hatte. Über den Jahreswechsel hatte dann die Hoffnung zugenommen, dass die Inflation zumindest ihren Höhepunkt überschritten hat und die Zentralbanken deswegen künftig etwas weniger aggressiv handeln könnten. Mitunter gibt es bereits Spekulationen auf erste Zinssenkungen im Jahresverlauf. Das hat wesentlich zum starken Jahresauftakt an den Börsen beigetragen.

Nicht zuletzt mit Blick auf diese Debatte und solche Spekulationen war insbesondere die Zinsentscheidung in Norwegen mit großer Spannung erwartet worden. Die Norges Bank hatte im September 2021 als erste Zentralbank in einem der wichtigsten Währungsräume der Welt nach der Corona-Pandemie ihren Leitzins angehoben. Nun könnte Norwegen in die andere Richtung zum Vorreiter werden.

Am Donnerstag ließ die Norges Bank ihren Leitzins nun unverändert. Die Mehrheit der Ökonomen hatte das erwartet. Allerdings gab es auch eine große Zahl an Volkswirten, die mit einer weiteren Zinserhöhung gerechnet hatten. Laut jüngsten Daten hat sich die Inflation in Norwegen zuletzt stärker als erwartet abgeschwächt. Im Dezember sank sie auf 5,9%, nachdem sie im November bei 6,5% gelegen hatte. Die Teuerung liegt damit weiter über dem von der Notenbank anvisierten Ziel von 2%.

Notenbankpräsidentin Ida Wolden Bache machte aber in einer Stellungnahme deutlich, dass bei der nächsten Zinssitzung im März eine weitere Zinserhöhung „sehr wahrscheinlich“ sei. Der Leitzins müsse noch etwas erhöht werden, um die Inflationsrate wieder in das von der Notenbank anvisierte Ziel zu bringen. Die dann möglicherweise im März erreichten 3% sehen Experten als Hochpunkt im Zinszyklus.

Die Zentralbank in Malaysia hielt ihren Leitzins am Donnerstag kon­stant und beendete damit ihren Straffungszyklus früher als erwartet: Zur Begründung verwies sie insbesondere darauf, dass die sich eintrübenden globalen Aussichten Risiken für die Wirtschaft darstellten. Nur einer von 18 in einer Bloomberg-Umfrage befragten Ökonom hatte das vorhergesagt. Der Rest hatte eine Erhöhung um 25 Basispunkte prognostiziert. Die indonesische Zentralbank hob ihren Leitzins erneut um 25 Punkte an. Damit nähert sie sich dem Ende ihres Straffungszyklus, der darauf abzielt, einen anhaltenden Preisdruck zu dämpfen und gleichzeitig die Wachstumsdynamik zu erhalten.

Türkei gilt als Ausreißer

In der Türkei ließ die Zentralbank ihren Leitzins am Donnerstag unverändert bei 9,0%. Zugleich öffnete sie nach verbreiteter Einschätzung aber die Tür für Zinssenkungen – trotz zuletzt 64% Inflation. Die türkische Zentralbank gilt international aber als Ausreißer und steht unter extremem Druck der Regierung.