Italien

Zoff in Italien schon vor Regierungsbildung

Von wegen Honeymoon für Giorgia Meloni: Heftiger Streit zwischen den künftigen Koalitionspartnern lässt Zweifel an der Stabilität der künftigen Regierung aufkommen.

Zoff in Italien schon vor Regierungsbildung

bl Mailand

Womöglich schon am kommenden Wochenende könnte eine neue italienische Regierung unter der Führung von Giorgia Meloni vereidigt werden. Doch statt Aufbruchstimmung herrscht Streit zwischen den künftigen Koalitionspartnern.

Seit Wochen wird um die Besetzung der Ministerposten gerungen. Nachdem Ex-Premier Silvio Berlusconi Fratelli-d’Italia-Chefin Giorgia Meloni praktisch öffentlich angegriffen hatte, kam es zu einem Versöhnungstreffen. Doch kaum war der 86-jährige Ex-Premier aus der Fratelli-d’Italia-Zentrale getreten, legte er nach. Er behauptete, das Justizministerium werde mit seiner Vertrauten Maria Elisabetta Casellati besetzt, was Meloni, deren Partei mit 26% der Stimmen die stärkste Kraft des Parteienbündnisses ist, dementierte. Den Posten soll ihr Parteifreund Carlo Nordio erhalten.

Doch Berlusconi war gar nicht mehr zu bremsen und berichtete, mit seinem „Freund“, Russlands Präsident Wladimir Putin, Wodka bzw. Lambrusco sowie „liebevolle Briefe“ ausgetauscht zu haben. Zuvor hatte der rechtsnationale Lega-Politiker Lorenzo Fontana, frisch gewählter Präsident des Abgeordnetenhauses, räsoniert, die Sanktionen gegen Russland könnten zum „Bumerang“ für Europa werden.

Meloni war sauer. „Berlusconi macht mir das Leben schwer“, soll sie gesagt haben. Bemerkungen dieser Art dürften ihr nicht helfen, das Misstrauen der europäischen Partner gegenüber der stark nationalistischen künftigen Regierung zu zerstreuen. Aber auch intern liegen die Nerven blank zwischen den Koalitionspartnern, denn Lega-Chef Matteo Salvini stänkert, weil er nicht das von ihm gewünschte Amt des Innenministers, sondern vermutlich nur das des Infrastrukturministers und des Vize-Premiers erhalten soll. Immerhin dürfte sein Vertrauter Giancarlo Giorgetti neuer Wirtschafts- und Finanzminister werden. Berlusconi indes will neben dem Außenministerium für Antonio Tajani auch das Landwirtschaftsministerium für seine Forza Italia.

Die männlichen Alphatiere Berlusconi, der Meloni einst als Jugendministerin in seine Regierung berief, und Salvini haben Probleme, Meloni als neue Chefin der politischen Rechten zu akzeptieren. Dass sie Premierministerin wird, steht nicht in Zweifel, doch viele Beobachter glauben, dass die neue Regierung weniger stabil und dauerhaft sein wird als von vielen erhofft.

Dabei bräuchte Italien nichts mehr als Stabilität. Das hoch verschuldete Land leidet unter steigenden Zinsen, hohen Energiepreisen, Inflation und der drohenden Rezession und muss schnellstens einen Haushalt für 2023 vorlegen. Man darf gespannt sein, wie Meloni Forderungen ihrer Partner nach schuldenfinanzierten neuen Ausgaben, einer Flat Tax von 15% und neuen Vorruhestandsregeln abwehren will.