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Zwei Außenseiter machen im US-Wahlkampf das Rennen

Von Peter De Thier, Washington Börsen-Zeitung, 11.2.2016 Im Rennen um die amerikanische Präsidentschaft sind nach der Vorwahl in New Hampshire die Karten völlig neu gemischt. Ausgerechnet zwei komplette Außenseiter geben nun im Rennen um das...

Zwei Außenseiter machen im US-Wahlkampf das Rennen

Von Peter De Thier, WashingtonIm Rennen um die amerikanische Präsidentschaft sind nach der Vorwahl in New Hampshire die Karten völlig neu gemischt. Ausgerechnet zwei komplette Außenseiter geben nun im Rennen um das höchste Amt im Lande die Marschroute vor. Auf der einen Seite Bernie Sanders, der sich als “demokratischer Sozialist”, versteht, den Reichen Geld aus der Tasche ziehen, finanzielle Ressourcen umverteilen und der wachsenden sozialen Kluft in den USA entgegenwirken will. Der Multimilliardär Donald Trump dagegen verkörpert das Feindbild: Extremen Wohlstand, der nicht nur demonstrativ und übertrieben zur Schau getragen wird, sondern von ihm obendrein als Grund dafür genannt wird, warum kein anderer Kandidat so amtstauglich ist wie der New Yorker Immobilienunternehmer. Er habe Erfolg, könne Deals machen wie kein anderer und sicherstellen, dass die US-Wirtschaft verlorene Konkurrenzfähigkeit gegenüber Handelspartnern wie China und Japan zurückerlangt, kurz: dass Amerika “wieder gewinnt”, legitimiert Trump seinen Anspruch aufs Oval Office. Wahlkampf ohne Super PACsSo kontrastreich sie auch sind, haben die beiden Sieger der strategisch wichtigen Vorwahl in New Hampshire eines gemeinsam: Sie gehören nicht jenem politischen Establishment an, das bereits in dieser sehr frühen Phase eines langen Wahljahres als klarer Verlierer feststeht. Trump finanziert seine Kampagne größtenteils aus eigenen Mitteln und hat erst kürzlich begonnen, Spenden in begrenztem Umfang anzunehmen. Ebenso selbstbewusst wie akkurat weist er darauf hin, dass die Medien ihm seit Monaten so viel Aufmerksamkeit schenken, dass bezahlte Werbung eigentlich überflüssig sei. Sanders dagegen finanziert sich aus Millionen von Spenden einzelner Wähler, die im Schnitt 27 Dollar betragen. Beide lehnen es im Gegensatz zu anderen Kandidaten kategorisch ab, sogenannte Super PACs zu gründen, undurchsichtige politische Aktionskomitees, die faktisch Summen in unbegrenzter Höhe sammeln und den Kampagnen ihrer bevorzugten Kandidaten zufließen lassen, ohne diese beim Namen zu nennen.Gemeinsam haben Trump und Sanders ungeachtet der Gegensätze, dass sie folglich nicht auf Industrielobbyisten, Gewerkschaften, Verbände, wohlhabende Privatbürger oder andere Sponsoren angewiesen sind, die dann auf ihre Politik Einfluss nehmen wollen. Genau das ist es, was sie von den herkömmlichen Kandidaten aus dem Establishment wie Hillary Clinton, Jeb Bush, Ted Cruz und anderen absetzt. Genau das ist der Grund, warum Wähler, die eines korrupten Systems der Wahlfinanzierung überdrüssig sind, in dem Sponsoren die Wahlsieger und deren politische Prioritäten bestimmen, auch weiterhin den beiden Außenseitern ihre Stimme schenken könnten.Während die New Yorker Herkunft die beiden Senkrechtstarter verbindet, sind ihre Motivationen, sich um die Nachfolge Barack Obamas zu bewerben, völlig verschieden. Trump, dessen Vater ebenfalls im Immobiliengeschäft tätig war, wuchs in einer relativ wohlhabenden Familie auf und stand sein ganzes Leben unter Leistungsdruck. Damit erklären viele Beobachter sein ständiges Drängen nach Ruhm, Reichtum und Anerkennung.Sanders dagegen stammt aus einer relativ armen jüdischen Familie aus dem Stadtteil Brooklyn. Schon als kleiner Junge entwickelte der Politikwissenschaftler ein ausgeprägtes Interesse an sozialen Gegensätzen, die in seiner Heimatstadt besonders ausgeprägt sind. Bereits als Schüler wurde er deswegen als politischer Aktivist tätig. Der Karrierepolitiker war nach dem Studium Bürgermeister der Stadt Burlington in seiner Wahlheimat Vermont, wurde dann nach seinem Wahlsieg 1990 von den Medien als “der erste Sozialist in der Geschichte des amerikanischen Kongresses” gefeiert. Seit 2007 vertritt Sanders Vermont im Senat und will seine Botschaft, dass Politiker nicht reichen Spendern, sondern den Wählern dienen sollen, vom Oval Office des Weißen Hauses aus vermitteln. Ob der linksgerichtete Kandidat es so weit bringen kann, ist fraglich. Sicher ist dagegen, dass er und Trump das politische Establishment und jene Kandidaten, die es vertreten, wachgerüttelt und verunsichert haben.