Zweifel an Frankreichs Haushaltsentwurf
Zweifel am französischen Haushaltsentwurf
Zu optimistische Prognosen befürchtet – Regierungsmitglieder stemmen sich gegen Einsparungen in ihren Bereichen
wü Paris
Für Frankreichs neue Minderheitsregierung hat mit der Haushaltsdebatte ein langer Hürdenlauf begonnen, bei dem sie neben internen Querelen jede Menge Anträge der Opposition und Prüfungen durch Ratingagenturen erwarten. Während die Finanzkommission der Assemblée Nationale mit der Prüfung des von Wirtschaftsminister Antoine Armand und Haushaltsminister Laurent Saint-Martin vorgelegten Budgets für 2025 begonnen hat, regen sich zudem immer mehr Zweifel an ihren Prognosen.
Die von ihnen versprochenen Mehreinnahmen durch Steuererhöhungen in Höhe von 20 Mrd. Euro seien zu optimistisch, fürchten Beobachter. Zumal sich die vorige Regierung bei den Steuereinnahmen zuletzt deutlich verkalkuliert hatte. Die Folge: Das Defizitziel dürfte in diesem Jahr deutlich übertroffen werden, obwohl es im April von 4,4% auf 5,1% angehoben worden war.
Keiner will bei sich sparen
Gleichzeitig könnten auch die geplanten Ausgabenkürzungen um 40 Mrd. Euro niedriger ausfallen als vorgesehen. Denn der Druck auf Armand und Saint-Martin innerhalb der Regierung steigt, nicht so stark zu sparen. So drohte Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher indirekt mit ihrem Rücktritt, sollte das Budget ihres Ministeriums nicht erhöht werden. Frankreich müsse investieren, um sich an den Klimawandel anzupassen, erklärte sie jetzt nach sintflutartigen Regenfällen. Wenn sie nicht die geeigneten Mittel erhalte, werde sie die Konsequenzen ziehen.
Pannier-Runachers Ministerium soll zwar 2,8 Mrd. Euro mehr erhalten als 2024, doch Mittel für Hilfen unter anderem für Wärmedämmungen sollen um 1,5 Mrd. Euro sinken. Zuvor hatte auch Justizminister Didier Migaud mit Rücktritt gedroht, sollte das Budget seines Ministeriums wie geplant um 500 Mill. Euro gekürzt werden. Frankreich müsse aufhören, Dosenwerfen mit Einsparideen zu spielen, forderte Banque de France-Chef François Villeroy de Galhau vor einigen Tagen gegenüber dem Radiosender „France Info“. „Jeder hat die Tendenz, Ideen für Einsparungen bei den anderen zu sehen, aber bei sich selber zurückzuweisen“, sagte er. Deshalb bestehe das Risiko, dass „wir keine Einsparungen vornehmen und mit der infernalen Schuldenspirale weitermachen“.
Wachstum könnte 2025 sinken
Die Staatsverschuldung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone betrug zuletzt 110,7% des Bruttoinlandsprodukts (BIP), während das Defizit 2024 auf mehr als 6% steigen dürfte, vielleicht sogar auf fast 7%. Wirtschaftsminister Armand soll der EU-Kommission im Rahmen des Defizitverfahrens gegen Frankreich am 31. Oktober einen Fahrplan vorlegen, wie sich das Defizit in den nächsten Jahren entwickeln soll. Paris hatte wegen der langen Regierungssuche nach den Neuwahlen in Brüssel um einen Aufschub gebeten.
Der Haushaltsentwurf beruhe auf fragilen Annahmen, urteilt der Hohe Rat für öffentliche Finanzen. Die zugrunde liegende Wachstumsprognose von 1,1% sei zu optimistisch. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Observatoire français des conjonctures économiques (OFCE) glaubt, dass die höheren Steuern und Einsparungen die Wirtschaft bremsen werden. Es rechnet deshalb für 2025 nur noch mit einem Wachstum von 0,8%.
La France Insoumise droht mit Ablehnung
Die Steuererhöhungen im Haushaltsentwurf seien besser belegt als die geplanten Anpassungen der Ausgaben, meint Oddo BHF-Chefökonom Bruno Cavalier. Von letzteren müssten einige noch durch Zusatzanträge definiert werden. Außerdem handele es sich bei ungefähr 20% davon um versteckte Steuererhöhungen, vor allem was die Neuprofilierung der Erleichterungen von Sozialabgaben angehe.
Die Finanzkommission hat viele geplante Steuermaßnahmen abgeändert, der vorübergehenden höheren Besteuerung von Großkonzernen jetzt jedoch zugestimmt. Die Regierung könnte jedoch wegen der Mehrheitsverhältnisse im Parlament den Haushaltsentwurf in seiner Originalversion ohne Abstimmung beschließen. Die linksextreme Partei La France Insoumise droht, schon Montag einen Antrag auf Ablehnung des Haushaltsentwurfs zu stellen.