Geldpolitik

Zweite Zinssenkung in Folge in der Türkei

Die türkische Zentralbank senkt den Leitzins um 250 Basispunkte. In ihrer Kommunikation dämpft sie jedoch die Erwartungen an ein hohes Tempo bei der weiteren Lockerung.

Zweite Zinssenkung in Folge in der Türkei

Türkische Notenbank lockert die Geldpolitik

Zweite Zinssenkung in Folge – Inflation über 40 Prozent – Sorgen vor erneuter politischer Einflussnahme

mpi Frankfurt

Die türkische Notenbank senkt trotz einer Inflationsrate von über 40% zum zweiten Mal in Folge den Leitzins. Wie die Währungshüter am Donnerstag in Ankara mitteilten, reduzieren sie den wöchentlichen Reposatz um 250 Basispunkte auf nun 45%. „Die Entschlossenheit in Bezug auf eine straffe Geldpolitik verstärkt den Desinflationsprozess durch eine Abschwächung der Binnennachfrage, eine reale Aufwertung der türkischen Lira und eine Verbesserung der Inflationserwartungen“, teilte die Notenbank in einer Stellungnahme zum Zinsentscheid mit. Auch nach der erfolgten Lockerung betrachtet sie die Geldpolitik als restriktiv. Dies will sie zudem so lange aufrechterhalten, bis sie zuversichtlich ist, ihr Inflationsziel von 5% mittelfristig zu erreichen.

Der reale Zinssatz ist nach der Lockerung der Geldpolitik nur noch leicht oberhalb der Inflationsrate, die im Dezember bei 44,4% lag. Allerdings geht die Notenbank davon aus, dass die Teuerung in diesem Jahr weiter deutlich nachlässt. Auch deshalb, weil sie sich Unterstützung durch eine restriktivere Fiskalpolitik der Türkei erhofft. Die Währungshüter machen jedoch auch Risiken für einen weiteren Rückgang der Inflation aus. Sie nennen dabei explizit die Inflationserwartungen. „Während sich die Inflationserwartungen und das Preisverhalten tendenziell verbessern, stellen sie weiterhin ein Risiko für den Disinflationsprozess dar“, heißt es in der Stellungnahme.

Risiko Inflationserwartungen

Die Haushalte in der Türkei gaben bei einer Befragung zwar an, dass sie innerhalb eines Jahres mit weniger Inflation rechnen als noch bei vorherigen Befragungen. Doch erwarten sie im Mittel eine Inflationsrate von über 60%, was einen deutlichen Anstieg der Teuerung bedeuten würde. Optimistischer sind Finanzmarktteilnehmer, die im Mittel von einem Rückgang auf 27% innerhalb eines Jahres rechnen.

Das Misstrauen in der türkischen Bevölkerung dürfte zum einen an der hohen Inflation in den vergangenen Jahren liegen. Seit langem gehört die Teuerung in der Türkei zu den höchsten weltweit. Im Oktober 2022 erreichte sie mit über 85% ihren Höhepunkt. Zum anderen könnte die Skepsis an Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan liegen.

Sorge vor Einflussnahme Erdogans auf die Notenbank

Er mischte sich in der Vergangenheit regelmäßig in die Geldpolitik ein. So sorgte Erdogan dafür, dass die Notenbank trotz hoher Inflation eine lockere Geldpolitik betrieb. Ziel war, die Konjunktur anzukurbeln. 2023 vollzog die Notenbank unter neuer Leitung dann einen Kurswechsel. Sie erhöhte den Leitzins innerhalb eines Jahres um über 40 Prozentpunkte. Nachdem sich Erdogan länger nicht mehr zur Geldpolitik geäußert hatte, sprach er zum Jahreswechsel davon, dass der Leitzins „definitiv“ sinken werde. Das schürte Sorgen vor einer erneuerten Einflussnahme in die Arbeit der Notenbank.

„Die Notenbank vermittelte eine etwas falkenhafte Haltung und wies darauf hin, dass sie ihre Entscheidungen vorsichtig von Sitzung zu Sitzung treffen und sich dabei auf die Inflationsaussichten konzentrieren wird“, sagt Muhammet Mercan, Chefökonom für die Türkei der ING, über den Zinsentscheid. „Dies deutet zwar darauf hin, dass die Zinssenkungen auch fortgesetzt werden könnten. Doch implizieren diese Leitlinien, dass die Senkungen datenabhängig und nicht aggressiv oder kontinuierlich sein werden.“

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