Der Adidas-Chef und die Kunst der Prognose
Adidas
Die Kunst
der Prognose
Von Joachim Herr
Nichts Neues von Adidas: Das dritte Quartal des Jahres ist vorbei und wie nach dem ersten und zweiten Dreimonatsabschnitt erhöht der Vorstand des Sportartikelanbieters die Geschäftsprognose. Der Name Bjørn Gulden ist schon beinahe ein Synonym für das Übertreffen von Vorhersagen. In den neun Jahren als Vorstandschef von Puma blieb sich der Norweger mit dieser Taktik ebenso treu wie nun im zweiten Jahr an der Spitze von Adidas. Der frühere Fußballprofi ist ein Meister darin, den Ball flach zu halten.
Die Glaubwürdigkeit eines Managements nimmt allerdings nicht nur Schaden, wenn Prognosen immer wieder verfehlt werden. Auch das regelmäßige Übertreffen weckt Zweifel. Es geht um eine transparente, verständliche und realistische Einschätzung der Aussichten.
Millionen Paar Schuhe als Erbe
Gulden kann sich zugute halten, den Vorstandsvorsitz von Adidas in einer schwierigen Phase für das Unternehmen und die gesamte Branche übernommen zu haben. Hinzu kamen etliche Millionen Paar „Yeezy“-Schuhe, die ihm sein Vorgänger Kasper Rorsted hinterlassen hatte. Sie waren ein Überbleibsel aus der einst sehr profitablen Zusammenarbeit mit dem Designer und Rapper Kanye West, die wegen dessen Hetzparolen aus dem Ruder gelaufen war.
Gulden musste für das wegen Wests Antisemitismus politisch heikle Thema nicht nur eine einigermaßen wirtschaftliche, sondern auch ethisch saubere Lösung finden. Das ist ihm gelungen: mit einem Verkauf der Sneaker in Tranchen und Spenden für Organisationen, die sich gegen Diskriminierung und Hass einsetzen. Am Ende dieses Jahres werden diese Verkäufe und damit das Thema Yeezy voraussichtlich erledigt sein.
Besondere Nähe
Für Gulden bedeutet dies, dass die Erwartungen an seine Prognosezuverlässigkeit steigen. Gewiss, das Geschäft hängt auch von Modetrends ab. Die können sich schnell ändern. Seit einiger Zeit profitiert Adidas erheblich von Retromodellen wie „Samba“ und „Gazelle“. Gulden zeichnet eine besondere Nähe zu den Produkten und den Kunden aus. Dank diesem Gespür sollten seine Geschäftsprognosen präziser werden.