LeitartikelRekordlaune

Aktien im Höhenflug

Die Aktienmärkte setzen derzeit auf Goldilocks. Doch sind die Risiken, wie die Geldpolitik der Fed oder die Voraussetzung, dass Nvidia stetig liefert, erheblich. Eine Korrektur im Spätsommer ist daher gut möglich.

Aktien im Höhenflug

Dividendentitel

Aktien im Höhenflug

Von Werner Rüppel

Die Märkte setzen derzeit auf Goldilocks. Viel Positives ist aber schon vorweggenommen. Die Risiken sind erheblich.

Nachdem sich auch der Mai als Wonnemonat erwiesen hat, sind die Aktienmärkte im Höhenflug. S&P und Nasdaq 100 haben gerade Allzeithochs erreicht, die Nvidia-Aktie ist in den vergangenen Monaten geradezu explodiert und hat den Börsenwert des Chipkonzerns auf mehr als 3 Bill. Dollar getrieben. Und auch der Dax, der zwischenzeitlich mithilfe des Softwareriesen SAP mehrere Hochstände markiert hat, liegt mit rund 18.700 Punkten seit Jahresbeginn rund 12% im Plus.

Da stellt sich schon die Frage, ob die Party an den Märkten weitergeht. Aktuell hat dort ein Goldilocks-Szenario die Oberhand. Die Ingredienzen sind die Erwartung fallender Leitzinsen an die EZB und auch an die Fed, der Boom der Tech-Werte durch Künstliche Intelligenz (KI), ein konjunktureller Lichtblick sowie zumindest insgesamt langsam steigende Unternehmensgewinne.

Großes Fragezeichen Fed

Ein Schlüssel für die haussierenden Aktienmärkte sind die Götter der Märkte, die Notenbanken. Denn Zinssenkungen waren schon immer die Treiber für höhere Kurse von Dividendentiteln. Dank doch deutlicher Erfolge bei der Inflationsbekämpfung hat die EZB gerade erstmals die Leitzinsen im aktuellen Zinszyklus gesenkt. Auch wenn die Teuerungsrate noch über dem 2-Prozent-Ziel der Notenbank liegt und sich die Inflation als hartnäckig erweist, dürfte die EZB langsam und sorgsam abwägend die Leitzinsen sukzessive weiter senken.

Das große Fragezeichen ist hingegen die US-Notenbank Fed. Auch in den USA ist zwar die Inflationsrate merklich zurückgegangen. Doch zeigt die US-Wirtschaft ein relativ starkes Wachstum, und auch hier erweist sich die noch über dem Fed-Ziel liegende Teuerung als hartnäckig. Die Märkte erwarten nicht mehr mehrere Zinssenkungen der Fed wie zu Jahresbeginn, sondern nur noch ein oder zwei Schritte in diesem Jahr. Aber noch ist die Aussicht auf einen niedrigeren Leitzins intakt. Das kann sich natürlich mit neuen Inflationszahlen und Konjunkturdaten ändern. Vor diesem Hintergrund lauert hier ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die Aktienmärkte. Dies gilt nachgerade auch für die EZB. Denn solange die Fed nicht senkt, wird es der EZB schwerfallen, ihren Leitzins weiter zurückzuführen.

Nvidia dominiert

Ähnlich wie zur Jahrtausendwende beim Dotcom-Boom erweist sich mit der Durchdringung vieler Geschäftsfelder durch KI die Tech-Branche als ein großer Treiber der Aktienhausse. Wobei es am US-Aktienmarkt aber an Marktbreite mangelt. Denn mit Nvidia ist vor allem eine Aktie, die durchstartet, für einen Gutteil der Kursgewinne im Nasdaq verantwortlich. Bisher hat Nvidia stets geliefert. Doch sind die Erwartungen an den Chipkonzern hoch und steigen stetig. Enttäuschende Zahlen anderer Tech-Konzerne haben zuletzt schnell zu deutlichen Kursverlusten geführt. So wie Nvidia den Markt nach oben führt, können hier auch einmal Zahlen, die unter den Erwartungen liegen, den Gesamtmarkt belasten.

Insgesamt ist der US-Aktienmarkt zwar nicht als niedrig bewertet einzustufen, liegt aber noch deutlich unter den Bewertungen zu Zeiten des Dotcom-Hochs. Sprudeln die Gewinne weiter, kann sich die Aufwärtsbewegung also durchaus fortsetzen. Wesentlich günstiger als der US-Markt ist der heimische Dax bewertet. Für ihn sprechen darüber hinaus satte Dividenden sowie die internationale Ausrichtung der führenden Dax-Werte wie SAP, Siemens, Airbus oder Allianz. Auch internationale Investoren entdecken gerade den Dax. Insofern ist ein weiterer Anstieg des deutschen Börsenbarometers bis auf 20.000 Punkte in diesem Jahr gut möglich.

Alles in allem haben die Aktienmärkte insbesondere in den USA bereits viel Positives vorweggenommen. Die aufgezeigten Risiken sind durchaus hoch, zumal es saisonal im August und September häufig zu einer Korrektur kommt. Insofern könnte auch in diesem Jahr die erste Hälfe des Jahres die bessere sein. Das heißt aber nicht, dass sich die Hausse nicht fortsetzt. Oft laufen Aktienmärkte, die im Höhenflug sind, wesentlich länger und erreichen höhere Niveaus als vielfach erwartet.

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