Notiert inDallas

Auf den Spuren eines amerikanischen Albtraums

Im Sixth Floor Museum at Dealey Plaza in Dallas wird die Faszination um John F. Kennedy lebendig. Amerikas Unternehmen können heute daran mitwirken, das politische Erbe des Demokraten zu schützen.

Auf den Spuren eines amerikanischen Albtraums

Notiert in Dallas

Ein amerikanischer Albtraum

Von Alex Wehnert

Im sechsten Stock des ehemaligen Texas School Book Depository können Besucher die Perspektive eines der berühmtesten Mörder der amerikanischen Geschichte einnehmen. Denn von hier aus feuerte Lee Harvey Oswald dem Forschungskonsens nach 1963 die tödlichen Schüsse auf US-Präsident John F. Kennedy ab. Das in dem heutigen Verwaltungsgebäude eingerichtete „Sixth Floor Museum“ wartet nicht nur mit Nachbauten von Oswalds Gewehr und der Pappkistenstapel auf, hinter denen sich der Attentäter versteckte – es rekonstruiert auch die letzte Fahrt von JFK durch Dallas via Videoanimation. Dabei fällt auf: Der Dealey Plaza, auf dem Kennedy die Kugeln trafen, präsentiert sich Museumsgästen heute noch nahezu genauso wie damals dem Mörder.

Zahlreiche Verschwörungstheorien

Im sechsten Stock des einstigen Buchlagers wird deutlich, wie sehr das Attentat auch mehr als 60 Jahre später noch fasziniert. „Oswald didn't act alone“ steht hier mehr als einmal im Gästebuch. Damit spielen Besucher auf die Verschwörungstheorien um die Kennedy-Ermordung an, die reichhaltigen Stoff für Verfilmungen und Bücher geliefert haben und im „Sixth Floor Museum“ ebenfalls dargestellt werden. Besonders fantasievoll ersinnt US-Bestsellerautor James Ellroy in seinen Romanen „Ein amerikanischer Thriller“ und „Ein amerikanischer Albtraum“ ein Komplott von Mafia, Geheimdienstlern und Rechtsnationalen zu den Ermordungen Kennedys und seines Bruders Robert.

John F. Kennedy im Oval Office: Seine Unterstützung für die Bürgerrechtsbewegung ragt im politischen Erbe des 35. US-Präsidenten heraus. Foto: picture-alliance / dpa | UPI.

Interessanter noch als jede Verschwörungstheorie ist im aktuellen Umfeld aber die Erinnerung an Kennedy selbst. Dieser war ein Präsident mit erheblichen Makeln, die in der Nostalgie um seine Amtszeit häufig untergehen. Doch trotz außenpolitischer Debakel ragt seine Unterstützung für die Bürgerrechtsbewegung in seinem Erbe heraus. JFK trieb den Civil Rights Act voran, den sein Nachfolger Lyndon B. Johnson schließlich unterzeichnete und der Diskriminierung auf Grundlage der Rasse, Hautfarbe, Religion, Sexualität oder Herkunft verbietet. Per Exekutivbeschluss ordnete er an, dass Auftragnehmer der Regierung geeignete Bewerber auf freie Posten unabhängig ihres sozialen und ethnischen Hintergrunds einstellen müssen.

DEI-Initiativen unter Druck

Unter Donald Trump stehen solche Grundsätze im Zweifel. Der neue Präsident hat Programme zu Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) über alle Zweige der US-Regierung per Exekutivbeschluss beendet. Unternehmen wie die Einzelhändler Target und Walmart beeilen sich, es Trump gleichzutun. Das rechte Lager erhöht auch den Druck auf Amerikas Finanzinstitute, ihre DEI-Initiativen aufzulösen. Bleibt zu hoffen, dass die in Bezug auf den Klimaschutz eingeknickten Bank-CEOs wenigstens in diesem Punkt standhaft bleiben und Aktionären zeigen, dass sie zu verantwortungsvoller Führung in der Lage sind. Damit könnten sie zumindest ein Stück weit dazu beitragen, Kennedys Erbe aufrechtzuerhalten und positive Signale an viele schwarze Menschen senden, die unter Trump einen amerikanischen Albtraum fürchten.

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