LEITARTIKEL

Auf Gipfelkurs

Seit mehr als zehn Jahren läuft das Experiment, Managergehälter transparent zu machen und auf einer gesellschaftlich akzeptierten Höhe zu halten. Die Zusammensetzung der Vorstandsvergütung hat sich unterdessen in den großen Konzernen eingespielt mit...

Auf Gipfelkurs

Seit mehr als zehn Jahren läuft das Experiment, Managergehälter transparent zu machen und auf einer gesellschaftlich akzeptierten Höhe zu halten. Die Zusammensetzung der Vorstandsvergütung hat sich unterdessen in den großen Konzernen eingespielt mit den üblichen Komponenten aus Fixum, Einjahresbonus und mehrjähriger variabler Teile (Long Term Incentive). Der Teufel steckt nach wie vor in den Details der Vergütungskriterien und Zielstrukturen. Hier herrscht aus Sicht von Investoren oft noch keine Klarheit und nach Einschätzung manches Aufsichtsrats noch zu viel Komplexität.Die für 2017 an die Vorstandsvorsitzenden im Dax ausgezahlten Saläre sind vergleichsweise moderat gestiegen. Im Schnitt zeigt sich ein Plus um 3,5 % auf 7,4 Mill. Euro was sich mit Blick auf den Gewinnanstieg der Unternehmen von durchschnittlich 36 % geradezu bescheiden ausnimmt. Allerdings wurde im Vorjahr schon ein prozentual zweistelliger Schluck aus der Pulle genommen und auch im mehrjährigen Vergleich haben die CEO-Gehälter stärker zugelegt als die Bruttolöhne. Unternehmensspezifisch ist die Schere teilweise noch viel stärker aufgegangen, was der vertikale Vergleich in einigen Konzernen offenbart. Für Diskussionsstoff ist also nach wie vor gesorgt. Der unaufhaltsame Gipfelkurs der Gehälter spiegelt die gute Wirtschaftsentwicklung. Er bestätigt indes auch Kritiker, die stets davor gewarnt haben, dass die individuelle Offenlegung zum Höhenflug führen wird. Allerdings darf man getrost annehmen, dass es sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit mindestens genau so abgespielt hätte. Das lässt sich daraus schließen, dass inzwischen doch mal ein Cap greift und dass einzelne Manager es bewusst vermeiden, die magische Marke von 10 Mill. Euro zu überschreiten, indem sie erstmal nur einen Teil der ihnen zustehenden Aktienoptionen ausüben. Solche Verrenkungen würde es wohl kaum geben, wenn wie in früheren Zeiten aktienbasierte Vergütungen nur zu ihrem niedrigen Zuteilungswert ausgewiesen würden. Insofern hat die von der Corporate-Governance-Kodex-Kommission ins Leben gerufene Darstellung von Auszahlungstabellen deutlich mehr Licht in die Gehälterthematik gebracht und eine objektivere Beurteilung ermöglicht.Trotz der moderaten Steigerung haben die CEO-Gehälter 2017 hierzulande neue Rekordwerte erreicht. Dabei hat es in einem Jahr noch nie so viele Konzernchefs im Dax gegeben, die ein zweistelliges Millionengehalt eingestrichen haben. Die Chefs von SAP, Daimler, Siemens, Volkswagen und BASF sind inzwischen in dieser Liga, weitere CEOs, etwa von Heidelberg Cement oder Deutscher Post, liegen hauchdünn darunter. Diese Schallmauer wird offensichtlich von Aufsichtsräten nicht mehr als anstößig betrachtet. Die Öffentlichkeit dürfte das anders sehen. In den vergangenen Jahren haben Aufsichtsräte viel an Vergütungspaketen gewerkelt. Angestoßen wurde dies auch von Vorgaben des Gesetzgebers, der über eine Höhergewichtung nachhaltiger Komponenten auf Mäßigung hinwirken wollte. Diese Regulierung hat die Komplexität allerdings signifikant erhöht, was auch Investoren auf den Plan ruft, die sich weniger an der Höhe von Gehältern stoßen, die aber Transparenz in den Details der Anreizsysteme und in der Zielerreichung verlangen. Seitdem wird das Gebot der Einfachheit beschworen, was wiederum die Orchestrierung der Leistungsindikatoren erschwert. Hier ist der Stein der Weisen noch nicht gefunden. Neuer Trend auch in Industrieunternehmen ist die Aufnahme von Rückforderungsklauseln (Clawback) in Vorstandsverträge, um Auszahlungen aus kurz- oder langfristiger variabler Vergütung im Fall des Falles zurückfordern zu können. Solche Sanktionsmöglichkeiten haben von 2018 an BASF, Merck oder auch SAP eingeführt, alles Unternehmen die ihre Vergütungssysteme in der laufenden Hauptversammlungssaison zur Abstimmung stellen. Die Details sind aber auch hier unterschiedlich. So sehen Merck und BASF Rückforderungen nur bei schwerwiegenden Verstößen von Managern gegen Sorgfaltspflichten oder interne Verhaltensregeln vor. SAP dagegen verschafft sich das Recht, Manager zur Kasse zu bitten, wenn Zielvorgaben nicht oder nicht in dem Umfang erreicht wurden, wie dies bei der Ermittlung des Auszahlungsbetrags “auf Grundlage falscher Informationen” angenommen worden sei. Man darf gespannt sein, ob dieses neue Schwert des Aufsichtsrats im Ernstfall scharf genug sein wird. —Sabine WadewitzIn der Konzeption von Managergehältern ist vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatte der Stein der Weisen noch nicht gefunden.—