KommentarBondmärkte

Aufgeschoben, definitiv nicht aufgehoben

MSCI wird die Anleihen der EU jetzt (noch) nicht in die Staatsanleiheindizes des Hauses aufnehmen. Die Entscheidung wurde auf das zweite Quartal 2025 vertagt. Aber dann wird MSCI die Aufnahme wohl vornehmen müssen.

Aufgeschoben, definitiv nicht aufgehoben

EU-Anleihen

Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Von Kai Johannsen

Aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. Und im Fall von MSCI und der Aufnahme der EU-Anleihen in die Staatsanleiheindizes muss es besser heißen: definitiv nicht aufgehoben.

Der Indexanbieter MSCI hat nach einer Marktkonsultation nun entschieden, dass die Anleihen der Europäischen Union (EU) jetzt (noch) nicht in die Staatsanleiheindizes aufgenommen werden, und hat die erneute Überprüfung einer Aufnahme auf das zweite Quartal 2025 vertagt. Im Markt seien die Meinungen über die Aufnahme auseinandergegangen, so die Begründung der Entscheidung. Manche Investoren sehen die EU-Anleihen also als Staatsanleihen an, andere (noch) nicht.

Aber MSCI wird die EU-Anleihen als Staatsanleihen qualifizieren müssen, und das aus zwei Gründen. Erstens: Die EU wird als Emittent aufgrund ihrer schieren Größe schlichtweg zu groß für das Segment der SSAs (Supranationals, Sub-Sovereigns, Agencies) und wird als sogenannter Super-Sovereign in das Segment der staatlichen Emittenten wechseln müssen. Und das lässt sich auch gut begründen, schließlich haben die Nationen der EU gewisse Souveränitäten an die EU abgetreten, weshalb sich die EU als Super-Sovereign einstufen lässt. Zweitens: Bei anderen Indexanbietern steht die Überprüfung der Aufnahme der EU als staatlicher Emittent in die Indizes des jeweiligen Hauses noch aus – so etwa bei der ICE (Intercontinental Exchange). Hier dauern die Marktkonsultationen noch an, die Bekanntgabe der Entscheidung soll im August erfolgen.

Andere Anbieter wie Standard & Poor’s, Bloomberg oder J.P. Morgan werden im zweiten Halbjahr das Thema angehen. Und es ist durchaus zu erwarten, dass dann eine der großen Indexgesellschaften die Entscheidung fällen wird, die EU als Staatsemittent einzustufen, und die Anleihen in die Indizes aufnehmen wird. Dann kommt markt- und investorenseitig Druck auf die anderen Anbieter und damit auch auf MSCI auf. Denn Investoren werden solche Anleihen, in denen die EU als Emittent integriert ist, als Benchmark zugrunde legen. Indizes, in denen das nicht der Fall ist, werden dann eher links liegen gelassen als Benchmark. Und MSCI wird sich nicht selbst ins Aus katapultieren wollen.

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