KommentarDüstere Aussichten

Nur der Bayer-Chef erkennt Fortschritte

Bayer hat das dritte Quartal vergeigt und weist einen Milliardenverlust aus. Doch Vorstandschef Bill Anderson macht gute Miene zum traurigen Spiel.

Nur der Bayer-Chef erkennt Fortschritte

BAYER

Nur Anderson
sieht Fortschritte

Von Annette Becker

Bayer lässt sich beim Umbau Zeit. Diese hat der Konzern aber nur, weil Milliardenrisiken aus US-Klagen potenzielle Bieter abschrecken.

Bayer hat im dritten Quartal einen Einbruch im operativen Ergebnis von gut einem Viertel verbucht, infolgedessen die Prognose für das laufende Geschäftsjahr gekürzt und erwartet auch 2025 einen Ergebnisrückgang. On top mussten die Leverkusener wieder einmal milliardenschwere Wertkorrekturen in der Pflanzenschutzsparte vornehmen. Entsprechend steht unter dem Strich nach neun Monaten ein Fehlbetrag von mehr als 2 Mrd. Euro.

In scharfem Kontrast dazu stehen die Aussagen von Vorstandschef Bill Anderson, der aus der Gewinnwarnung ganz nonchalant eine Bestätigung „fast aller Kennzahlen unseres Konzernausblicks“ macht. Zugleich klopft er sich mit Blick auf die Einführung des neuen Organisationsmodells auf die Schulter: „Das neue Organisationsmodell zeigt hervorragende Ergebnisse“. Sicher, es gebe auch zahlreiche Herausforderungen regulatorischer wie rechtlicher Natur, zusätzlich zu den schwierigen Rahmenbedingungen in der Agrarchemie. Deren Bewältigung gehöre jedoch zum Geschäft.

Management schickt Durchhalteparolen

Es klingt wie Durchhalteparolen, nach Jahren des kontinuierlichen Niedergangs. Auch die Investoren scheinen inzwischen jedweden Glauben an eine zeitlich absehbare Besserung aufgegeben zu haben. Anders lässt sich der abermalige Kurssturz nach Veröffentlichung des Quartalsberichts nicht erklären. In der Spitze gab der Kurs um über 13% nach. Auf die Börsenwaage bringen die Leverkusener gerade noch 21,3 Mrd. Euro und rangieren damit nur noch im unteren Drittel der ersten Börsenliga.

21,3 Mrd. Euro sind nicht nur weniger als die Hälfte dessen, was 2018 für Monsanto 2018 gezahlt wurde. Es ist auch deutlich weniger, als an immateriellen Vermögenswerten auch heute noch in der Bilanz steht. Letztere sind ein hoch flüchtiger Wert. Allein im abgelaufenen Quartal mussten immaterielle Vermögenswerte um 3,8 Mrd. Euro im Wert gemindert werden. 2023 hatten Impairments mit 5,9 Mrd. Euro zu Buche geschlagen. Das ist nicht neu, belegt aber eindrucksvoll, welch ungeheure Fehlinvestition die Monsanto-Übernahme auch in operativer Hinsicht war.

Ungelöste Rechtsthemen

Zu all dem äußert sich Anderson mit keinem Wort, auch wenn er Verständnis für die Frustration im Kreis der Anteilseigner zeigt. Im März habe Bayer klargemacht, dass der Umbau zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen werde. Dass der Bayer-Chef so viel Langmut mitbringen kann, liegt allerdings auch an den ungelösten Rechtsthemen in den USA. Ohne diese, die Wette sei gewagt, sähe sich Bayer mit Übernahmespekulationen konfrontiert.

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