KommentarBayer

Gewinnwarnung, die es in sich hat

Kein guter Anfang: Der neue Bayer-Chef Bill Anderson startet mit einer Gewinnwarnung in seine Amtszeit und beginnt mit den bilanziellen Aufräumarbeiten.

Gewinnwarnung, die es in sich hat

BAYER

Gewinnwarnung, die es in sich hat

Von Annette Becker

Der neue Bayer-Chef beginnt mit den bilanziellen Aufräumarbeiten.

War da was bei Bayer? An der Kursentwicklung lässt sich jedenfalls keine Schreckensnachricht ablesen. Im Gegenteil: Am Dienstag kletterte der Dax-Wert in der Spitze um 1,8%. Dabei hatte es die Gewinnwarnung, die der Pharma- und Agrarchemiekonzern am Montag nach Börsenschluss verschickt hatte, in sich. Wenngleich das Kappen der Prognose keineswegs aus dem Nichts kam – schon im Mai hatten die Leverkusener wegen des beschleunigten Preisverfalls bei glyphosatbasierten Herbiziden die Erwartungen gedämpft und die Ziele für 2023 an den unteren Rand des Prognosekorridors gerückt –, ist der Umfang der Revision durchaus bemerkenswert: Im operativen Ergebnis wird Pi mal Daumen 1 Mrd. Euro weniger herauskommen als zuvor avisiert.

Bayer kappt Cashflow-Prognose

Weitaus dramatischer aber ist der Einschnitt, der an der Cashflow-Prognose vorgenommen wird. Statt des vorausgesagten Mittelzuflusses von etwa 3 Mrd. Euro soll es nun eine Nullrunde gebe. Was dahintersteht, verrät Bayer vorerst nicht. An der zugleich verkündeten Goodwill-Abschreibung von 2,5 Mrd. Euro, die aufgrund der Marktentwicklung auf das Glyphosatgeschäft vorzunehmen ist und im zweiten Quartal einen Konzernverlust von etwa 2 Mrd. Euro beschert, kann es jedenfalls nicht liegen. Denn außerordentliche Wertkorrekturen zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie “nicht zahlungswirksam” sind. Ein Faktum, das Unternehmen gerne herausstellen, um zu signalisieren: Alles gar nicht so schlimm. Auf diesen relativierenden Hinweis hat Bayer jetzt immerhin verzichtet.

Inwieweit sich die im Cashflow fehlenden Mittel auch in die Ausschüttung für 2023 übersetzen, bleibt abzuwarten. Gemäß der geltenden Dividendenpolitik schüttet Bayer 30% bis 40% des bereinigten Ergebnisses je Aktie aus. Auch für diese Kennziffer wird die Prognose um 1 Euro auf 6,20 bis 6,40 Euro gekappt.

Schuldenabbau bleibt ein Thema

Zwar ist es für Bayer fast schon zur Tradition geworden, mehr Geld an die Aktionäre zu verteilen, als in der Kasse liegt. Im wirtschaftlich eingetrübten Umfeld sollte der Schuldenabbau jedoch nicht aus den Augen verloren werden. Mit Blick auf die Nettoverschuldung hatte Bayer für den laufenden Turnus ohnehin schon einen Anstieg auf 32 bis 33 Mrd. Euro vorhergesagt. Ohne Mittelzuflüsse dürfte auch dieser Wert revisionsbedürftig werden.

Natürlich ist nicht auszuschließen, dass der seit Juni amtierende Bayer-Chef Bill Anderson in seinem ersten Geschäftsjahr mit dem eisernen Besen durch die Bilanz fegt, um sich für die Zukunft eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen. Vielleicht sind die Buchwertkorrekturen aber auch erste Vorboten für weitreichendere Portfoliomaßnahmen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.