LeitartikelSanierungsfall

Baywa ist ein Fass ohne Boden

Der Sanierungsfall Baywa wird für die Gläubigerbanken und für die Haupteigentümer zu einer Dauerbaustelle mit vielen unkalkulierbaren finanziellen Risiken.

Baywa ist ein Fass ohne Boden

Baywa-Sanierung

Ein Fass ohne Boden

Von Stefan Kroneck

Der Sanierungsfall Baywa wird für die Gläubigerbanken zu einer Dauerbaustelle mit vielen Risiken.

Krisenmanagement wie beim Agrarhändler Baywa ist so eine Sache. In einer Notsituation sind die Akteure unter Zeitdruck zum Handeln gezwungen, um Lösungen zu finden. Ob nun Staatskrisen, Schuldenkrisen, Führungskrisen oder eben Existenzkrisen wie beim börsennotierten genossenschaftlichen Münchner Unternehmen: Die Themenfelder sind derart komplex, dass es den einen richtigen Weg zur Problemlösung ohnehin nicht gibt. Für die Beteiligten bedeutet das, dass sie sich mühsam und zeitraubend durchhangeln müssen. Anfangs ist es so, als betritt man einen dunklen Raum und gerät in Schwierigkeiten, wieder herauszukommen, je länger die Krise dauert.

Ein solch dunkler Raum ist Baywa. Der dieser Tage von der Firma veröffentlichte Halbjahresbericht legt Zeugnis ab über die Schieflage des hoch verschuldeten und defizitären Konglomerats. Die Situation ist desaströs. Der Schuldenberg beträgt 11,1 Mrd. Euro. Gegenüber Ultimo 2023 ist dieser um rund 300 Mill. Euro gewachsen. Die darin enthaltenen Finanzverbindlichkeiten blieben per saldo mit 5,4 Mrd. Euro auf einem unverändert hohen Niveau. Hohe Zinstilgungen zehren die liquiden Mittel auf. Eine von den Banken gewährte Stundung entlastet zwar kurzzeitig, verschiebt aber das Problem nach hinten.

Zweiter Sanierungsfall belastet zusätzlich

Zur Finanznot der Hauptgesellschaft, der Baywa AG, gesellt sich ein zweiter Sanierungsfall innerhalb des Konglomerats: die Solar- und Windkraftprojekt-Konzerntochter Baywa r.e. Wie bei der Muttergesellschaft seit Juli sitzt dort ebenfalls seit kurzem ein Sanierungsmanager. Dieser dient den Gläubigerbanken als Wachmann. Wie bei der AG steuert er die Restrukturierung. Die Schwierigkeiten der Baywa r.e. sind eine der Hauptursachen für die Schieflage des Mutterkonzerns. Ein Großteil der zuletzt erforderlichen Firmenwertabschreibungen von insgesamt 222 Mill. Euro ist auf Baywa r.e. zurückzuführen.

Das heißt, aufgrund der hohen Risiken u.a. der Baywa r.e. besteht für die Gläubigerbanken und die genossenschaftlichen Primärbanken in Bayern die Gefahr, dass sie weitere frische Mittel nachschießen müssen, um das Unternehmen finanziell zu stabilisieren. Nach einer ersten Tranche Mitte August von 550 Mill. Euro beschlossen sie zuletzt eine zweite von 500 Mill. Euro. Damit überschreiten die „Konzernretter“ die Schwelle von 1 Mrd. Euro. Was kommt da noch nach? Vermutlich wissen es die Gläubigerinstitute und die Haupteigentümer – das sind mit einem Anteil von nahezu 34% die Volks- und Raiffeisenbanken (VR-Banken) des Freistaats – selbst nicht so genau. Das Beispiel Baywa r.e. zeigt, dass sich bei dem Konzern immer neue Finanzlöcher auftun. Die Baywa ist zu einem Fass ohne Boden geworden.

Ineffiziente Arbeitsprozesse

Hinzu kommt, dass die Baywa gegenwärtig den Eindruck eines Chaoshauses macht. Wer führt den Konzern? Der Vorstand wohl kaum noch, obwohl dieser das Mandat dazu hat. Der im Aufsichtsrat seit Mai als Chefaufseher agierende Kreditgenosse Gregor Scheller hat mit Widerstand im eigenen Lager zu kämpfen. Offenbar sind mache VR-Funktionäre, die für die Misere mitverantwortlich sind, nicht bereit, ihre Aufsichtsratsposten abzugeben für einen Neuanfang.

Das letzte Wort haben zwar faktisch die Gläubigerbanken und die Kreditgenossen, allerdings arbeiten diese bei der Sanierung zu ineffizient. Allein die Tatsache, dass rund 160 VR-Banken und rund ein Dutzend Großbanken aus Deutschland und Österreich faktisch am Tisch sitzen, erschwert den Prozess der Entscheidungsfindung. So steht bislang immer noch nicht fest, wie der Plan zur Zerschlagung der Baywa aussieht. Die Verhandlungen darüber ziehen sich hin. Das sorgt für Unsicherheit und Ungewissheit, auch im Unternehmen selbst.

Für Kehrtwende zu spät

Manchem Bankmanager könnte nun dämmern, dass ein Regelinsolvenzverfahren für die Baywa besser gewesen wäre als Hilfsgarantiezusagen der VR-Gruppe. Für eine Kehrtwende ist es zu spät. Jetzt sind die Gläubigerbanken und die Haupteigner gezwungen, sich an der Baywa-Dauerbaustelle abzuarbeiten. Das wird noch viele Jahre dauern.

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