KommentarEU-Haushalt

Besser Reform statt Revolution

Der EU-Rechnungshof hat Unregelmäßigkeiten bei den Ausgaben festgestellt. Brüssel sollte die Haushaltsstruktur vereinfachen, aber darf die Verantwortung nicht abschieben, wie bei den jüngst lancierten Strukturreformen offensichtlich.

Besser Reform statt Revolution

EU-Haushalt

Besser Reform
statt Revolution

Von Stephan Lorz

Eine große Zahl von Ausgabenprogrammen mit unterschiedlichen Ansätzen und Bestimmungen für die Umsetzung, zudem Sonderfonds, die wieder eigenen Gesetzen gehorchen. Schon im „Normalbetrieb“ fällt es Brüssel schwer, den Durchblick zu behalten, wenn es um die Verwendung der von den Mitgliedstaaten eingesammelten Finanzmittel geht. Dass 5,6% der Ausgaben aus dem regulären Haushalt Formfehler aufweisen, wie der Europäische Rechnungshof jetzt bemängelt hat, ist vor diesem Hintergrund sogar irgendwie nachvollziehbar. Immerhin treffen sie in den Mitgliedsländern auf höchst unterschiedliche Bürokratien, und die formalen Anforderungen sind hyperkomplex.

Im Moment liegt das Problem der ordentlichen Haushaltsführung und der korrekten Mittelverwendung in Brüssel. Insofern ist die jüngst lancierte Idee, statt der vielen Einzelprogramme lieber nur ein paar große Fonds aufzulegen, deren Mittel dann direkt in die Mitgliedstaaten fließen, durchaus verständlich. Schlankere und klare Strukturen sowie weniger Bürokratie.

Die Kommission verteilt Gelder, die sie nicht verantwortet

Aber damit stiehlt sich Brüssel letztlich nur aus der Verantwortung. Der große Finanzier verlagert die Kontrolle der Mittel auf die Länder und wäscht seine Hände in Unschuld, wenn Gelder mal in dunkle oder abseitige Kanäle fließen. Nichts wäre gewonnen, neue Probleme geschaffen. Warum dann nicht gleich einen EU-Finanzausgleich einführen und den Ländern ganz die Verantwortung übertragen? Brüssel wäre dann wieder eine Institution, die weniger über Geld, sondern über ihre institutionelle Kraft die Gemeinschaft zusammenhält und auf Kurs bringt.

Aber das wäre natürlich eine richtige Revolution. Insofern wäre es besser, die EU-Kommission machte das, was man von ihr schon seit langem erwartet: Bürokratieabbau, Vereinfachung der eigenen Strukturen und transparentere Prozesse. Das ist Kärrnerarbeit, Klein-Klein. Dafür erhält man keinen Applaus, und wenn, dann erst Jahre später, wenn die positiven Wirkungen spürbar sind. Das Verteilen von Geldern aus den Kassen anderer ist da natürlich viel attraktiver, weil es finanzielle Macht mit sich bringt.


Zum Bericht: Rechnungshof verweigert Gesamt-Testat

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