Glücksspielmarkt

Casinokonzerne spielen eine riskante Partie

Während der US-Glücksspielmarkt wohl ein Rekordjahr hingelegt hat, läuft die Erholung in Chinas Zocker-Metropole Macau äußerst schleppend. Eine Regulierungsoffensive belastet die Stimmung.

Casinokonzerne spielen eine riskante Partie

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Internationale Casinokonzerne spielen derzeit eine riskante Partie, von der große Summen abhängen. Die einen haben ihre Jetons auf den Standort Las Vegas platziert, die anderen setzen auf Macau. Letztere sahen im Zuge der Corona-Pandemie lange Zeit wie die sicheren Sieger aus, öffneten die Glücksspielhäuser in der chinesischen Sonderverwaltungszone doch nach verhältnismäßig kurzen Schließungen wieder ihre Pforten. Die Aktienkurse der schwerpunktmäßig in Macau vertretenen Casinokonzerne brachen im Zuge des Corona-Marktcrashs im März 2020 folglich weniger stark ein als die Papiere der Konkurrenten mit US-Fokus und erfreuten sich auch bei den Analysten größerer Beliebtheit.

Doch das Blatt hat sich in den vergangenen Monaten dramatisch gewendet. Denn Las Vegas erlebte im Zuge des Wiederöffnungstrends im zweiten Halbjahr einen gewaltigen Besucheransturm, der monatliche Brutto-Glücksspielumsatz in der Stadt der Sünde kletterte schnell über die vor Ausbruch der Pandemie erreichten Vergleichswerte. Laut dem Branchenverband American Gaming Association verzeichnete der gesamte US-Casinomarkt, dessen wichtigstes Aushängeschild Las Vegas ist, im Jahr 2021 Rekord-Glücksspielerlöse in Höhe von 44,15 Mrd. Dollar – der Dezember ist dabei noch gar nicht eingerechnet.

Unterdessen geht die Erholung in Macau nur äußerst schleppend voran. Der Brutto-Glücksspielumsatz in der Sonderverwaltungszone wird sich 2021 laut J.P. Morgan auf lediglich 84,2 Mrd. Macau-Pataca (10,5 Mrd. Dollar) belaufen. Gemäß den Prognosen der US-Großbank wird er Ende 2023 bei knapp 170 Mrd. Pataca liegen, womit er aber immer noch nur 58% des Vor-Pandemie-Niveaus erreichen würde. Der zu erwartende Mangel an Schwung sei dabei vor allem auf eine zögerliche Rückkehr der gut betuchten VIP-Zocker an die Baccara-Tische zurückzuführen. Denn die Erlöse in diesem Segment dürften 2023 nach Einschätzung von J.P. Morgan sogar noch unter den 2020 verzeichneten Niveaus liegen.

Schärfere Regulierung

Der Grund für diese Entwicklung dürfte in einer staatlichen Regulierungsoffensive zu suchen sein. Besonders unter Beschuss geraten sind dabei die sogenannten Junket Operators – dabei handelt es sich um Dienstleister, die Reisen für VIP-Glücksspieler organisieren, Kredite an diese „High Roller“ vergeben und somit häufig als Intermediär zwischen Zockern und Casinos agieren. Ende November wurde Alvin Chau, CEO des größten Junket Operators in Macau, verhaftet. Die Behörden werfen ihm vor, auf dem chinesischen Festland ein illegales Glücksspiel-Netzwerk aufgezogen zu haben. Zudem trachtet Peking danach, grenzüberschreitende Kapitalströme der Casinobranche zu unterbinden, was den VIP-Dienstleistern die Finanzierung erschwert und die Ausgabebereitschaft vermögender Spieler erheblich belasten könnte. Zudem dürfte es für US-Glücksspielhäuser laut J.P. Morgan künftig schwieriger werden, ihren in China generierten freien Cash-flow in die Vereinigten Staaten zu überführen.

Insbesondere für Las Vegas Sands (LVS) sind das schlechte Nachrichten. Der Konzern hat im März den Verkauf all seiner Häuser in der US-Wüstenmetropole beschlossen, die Erlöse sollen auch in den Ausbau des Macau-Geschäfts fließen, das LVS ohnehin weitaus stärker fokussiert als Rivalen wie MGM Resorts International. Die Zahl der Kaufempfehlungen für die Sands-Aktie ist zuletzt deutlich zurückgegangen.

Angesichts der Probleme im VIP-Ge­schäft stützen sich die Hoffnungen in Macau daher vorerst auf den Massenmarkt, der stark vom Tourismus aus Festlandchina und Hongkong abhängig ist. Zwar dürfte sich nach Ansicht der Analysten von Bloomberg Intelligence eine gewaltige aufgestaute Nachfrage entladen, sollten Mobilitätsbeschränkungen innerhalb der Volksrepublik fallen. Die Ausbreitung der Corona-Variante Omikron werfe aber Zweifel darüber auf, ob es zu weitreichenderen Grenzöffnungen kommen werde. Derweil hält J.P. Morgan das Risiko-Ertrags-Verhältnis bei macaufokussierten Casinobetreibern angesichts der Nulltoleranzpolitik Chinas in Bezug auf die Seuche für unattraktiv.

Die Analysten von Bloomberg Intelligence geben allerdings auch zu bedenken, dass die Verdrängung der Junket Operators das Nachhaltigkeitsrating der Casinos verbessern dürften. Damit seien die Glücksspielhäuser zwar noch weit von einer Aufnahme in ESG-Portfolios entfernt, langfristig könne sich die höhere Transparenz aber positiv auf die Bewertungen auswirken.

Bei Investoren stehen indes kurzfristigere Termine im Fokus: 2022 müssen sechs der Casinobetreiber von Macau ihre Glücksspiellizenzen verlängern. Analysten rechnen damit, dass die neuen Konzessionen wesentlich kürzer laufen dürften als üblich. Bloomberg Intelligence vermutet indes, dass die Laufzeit statt der im Konsens erwarteten fünf bis zehn immerhin 15 Jahre betragen könne. Dies würde den Konzernen, die den Verlust der VIP-Zocker wohl auch über neue Einnahmequellen auffangen müssen, eine langfristigere Investitionsplanung ermöglichen. Trotz solch kleiner Lichtblicke sieht es allerdings so aus, als würde die riskante Partie am Casinomarkt zugunsten der Betreiber von Las Vegas und ihrer Aktien ausgehen.

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