Compugroup-Streubesitz hat die Wahl zwischen Pest und Cholera
Compugroup
Wahl zwischen
Pest und Cholera
Von Helmut Kipp
Das muss man CVC lassen: Das Timing für das Compugroup-Übernahmeangebot sieht perfekt aus. Der Finanzinvestor nutzt eine vermutlich vorübergehende Schwäche des Anbieters von Software für den Healthcare-Sektor, um günstig an Aktien zu kommen. Und mit der Ankündigung, das Wertpapier nach der Offerte von der Börse zu nehmen, wird eine Drohkulisse aufgebaut, um die außenstehenden Anteilseigner zum Verkauf zu bewegen. Faktisch richtet sich das Angebot nur an den Streubesitz. Die Mehrheitsaktionäre um Firmengründer Frank Gotthardt haben nämlich angekündigt, keine Aktien herzugeben.
Preis ist unattraktiv
Aus Sicht des Streubesitzes ist der Angebotspreis von 22 Euro unattraktiv. Die Prämie von 51% auf den Dreimonatsdurchschnittskurs kommt nur deshalb zustande, weil eine Umsatz- und Gewinnwarnung die Aktie im Juli auf ein Zehnjahrestief drückte und der entstandene Vertrauensverlust einer durchgreifenden Erholung entgegenstand. Aktionäre, die schon etwas länger an Bord sind, müssen im Falle des Verkaufs erhebliche Verluste auf ihren Einstandskurs hinnehmen. Gemessen an den Notierungen, die vor einem Jahr zustande kamen, bewegt sich der Abschlag bei etwa 40%. Diese Kurse können künftig durchaus wieder erreicht werden, denn Compugroup ist ein gesundes Unternehmen, das in Wachstumsmärkten operiert und trotz der aktuellen Krise eine operative Umsatzrendite von 20% erwirtschaftet.
Letzte Hoffnung Freiverkehr
Die Hoffnung, beim Delisting-Abfindungsangebot besser wegzukommen als bei der jetzt anstehenden Offerte, könnte trügerisch sein. Denn dieses Angebot bemisst sich in der Regel nach dem Durchschnittskurs der vergangenen sechs Monate. Es ist kein Grund ersichtlich, mehr als die so ermittelte Untergrenze zu zahlen. Der Streubesitz hat also die Wahl, entweder schlechte Angebote zu akzeptieren oder an einem Unternehmen beteiligt zu bleiben, das sich vom etablierten Kapitalmarkt verabschiedet. Nach dem Delisting kann er seine Aktien nicht mehr an einer regulären Börse verkaufen. Es bleibt nur die Hoffnung, dass der Handel in einem Freiverkehrsmarkt fortgesetzt wird.