KommentarThyssenkrupp

Das Geldverbrennen geht weiter

Thyssenkrupp-Chef Miguel López hat versprochen, das Image vom „Ankündigungsweltmeister“ abzulegen. Nun verschreckt er mit der dritten Prognosekürzung in diesem Jahr.

Das Geldverbrennen geht weiter

THYSSENKRUPP

Weg mit der rosaroten Brille

Von Annette Becker

Mit der jüngsten Gewinnwarnung ist Thyssenkrupp vollends zurück im Krisenmodus, oder besser gesagt: Der Traditionskonzern hat diesen Daseinszustand nie hinter sich gelassen. Da mag Konzernchef Miguel López, der seinen Sanierungsjob mit hochgekrempelten Ärmeln angepackt hat, für noch so viel Aufbruchstimmung sorgen. Die nackten Zahlen sprechen ihre eigene Sprache und die ist ernüchternd.

Dabei geht es weniger um Zwischenstände zu einzelnen Quartalsstichtagen. Nein, Thyssenkrupp hat am Freitag zum dritten Mal in diesem Jahr die Prognose für das Gesamtjahr zurückgenommen. Das kann zweierlei bedeuten: Entweder hat sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld Monat für Monat verschlechtert, was nicht vorhersehbar war. Oder aber das Management hat beim Aufstellen der Prognose vergessen, die rosarote Brille abzusetzen. Letzteres wäre insofern ernüchternd, als López den Aktionären in der Hauptversammlung noch hoch und heilig versprochen hatte, das Image des „Ankündigungsweltmeisters“ abzulegen. Aussagen, die damals nicht verfingen, führten nach der dritten Prognosekürzung erneut zum Ausverkauf der Aktie. Deutschlands einstige Industrie-Ikone ist an der Börse mittlerweile nur noch 2,2 Mrd. Euro wert.

Problemsparte Stahl

Das ist weniger, als in der Firmenkasse liegt. Doch wie lange noch? Denn zur Wahrheit gehört auch, dass Thyssenkrupp im laufenden Turnus erneut Geld verbrennen wird. Geld, das künftig nicht für Investitionen und schon gar nicht für Dividenden zur Verfügung steht. Investitionen braucht es aber, um die unwirtschaftlich operierenden Geschäfte, allen voran die Stahlsparte, zukunftsfest umzubauen.

Seit Wochen schwelt bei Steel Europe der Streit über den Businessplan, den der Stahlvorstand erarbeiten soll. Erst vor wenigen Tagen musste die für 29. Juli anberaumte Aufsichtsratssitzung abgeblasen werden, weil das Konzept noch nicht abstimmungsreif ist. Dem Vernehmen nach sind López, der im Aufsichtsrat der Tochter sitzt, die Ziele nicht ambitioniert genug. Unrealistische Annahmen aber fallen dem, der sie trifft, meist schnell auf die Füße.