Notiert inNew York

Der Frühling mischt den New Yorker Retail-Markt auf

Die französische Warenhauskette Printemps will mit ihrer neuen Filiale an der Wall Street eine Lücke im New Yorker Einzelhandel schließen. Doch Beobachter sind skeptisch.

Der Frühling mischt den New Yorker Retail-Markt auf

Notiert in New York

Frühling an der Wall Street

Von Alex Wehnert

Direkt neben der New Yorker Börse, an der Adresse 1 Wall Street, hat eine neue Kathedrale des Kapitalismus ihre Pforten geöffnet. Unter den hohen Decken ihrer luftig eingerichteten, labyrinthartig miteinander verbundenen, leuchtend grün und satt rot tapezierten sowie mit zahlreichen Spiegeln ausgestatteten Räume werden indes keine Aktien gehandelt – sondern Designeranzüge, Parfüms und glänzend rote Damenschuhe, die mit ihren ultrasteilen Absätzen geradezu Bänderrisse und Knöchelbrüche versprechen. Denn hier, mitten im Herzen des US-Finanzsektors, lockt die neue Filiale der Warenhauskette Printemps die Kunden.

Exklusiver Auftritt

Auf über 5.000 Quadratmetern verbreitet der französische Anbieter mit Anlehnungen an das Fin de Siècle ein Air von Exklusivität: Rund ein Viertel der hier angebotenen Waren ist laut Vorstandschef Jean-Marc Bellaiche bei keinem anderen Retailer in den USA verfügbar. Überquellende Wühltische wie beim Kaufhausriesen Macy’s sind hier undenkbar. Die Zahl der Touchscreens, die Kunden bei der Orientierung helfen sollen, ist minimal gehalten: Auf jeder Etage findet sich nur einer, diskret zwischen den Fahrstühlen platziert. Eine Shopping-App oder einen E-Commerce-Auftritt gibt es nicht.

Der neue Printemps-Ableger in New York stößt bisher auf großes Interesse. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Carlos Chiossone.

Wer in New York bei Printemps einkaufen will, der soll vorbeikommen – und kann dafür dann auch eine persönliche Ansprache erwarten, sich an einer der Weintheken auf den Verkaufsetagen ein Gläschen gönnen oder es sich gleich in der „Red Room Bar“ mit einem nach Wunsch gemixten Drink gemütlich machen. Bei amerikanischen Kunden, die daran gewöhnt sind, im Einzelhandel unter Neon-Leuchtröhren von Personal mit ausbaufähiger Motivation und Qualifikation abgefrühstückt zu werden, löst die warme Atmosphäre fast schon Schockzustände aus.

Andere Einzelhändler warten nun gespannt darauf, ob die 1865 gegründete Printemps, die es in den 1980er Jahren schon einmal mit einem Ableger in Denver versuchte, mit dem Konzept im New Yorker Financial District Erfolg hat. Vertreter der Hautevolee argumentieren jedenfalls, dass der „Frühling“, so die deutsche Übersetzung des Unternehmensnamens, eine Lücke füllt. Diese bestehe, seit die einstige Top-Shopping-Adresse der Empire City, Barneys an der Madison Avenue, 2020 dichtmachte.

Skepsis hält sich

Andere Beobachter verweisen indes auf diese und andere Schließungen, um ihre Skepsis zu untermauern: Der Ableger von Saks Fifth Avenue in der Mall Brookfield Place nahe dem One World Trade Center war zwei Jahre lang geöffnet, bevor 2019 Sense war. Die Filiale des Mailänder Konzept-Einkaufszentrums 10 Corso Como in der South Street hielt bis 2020 anderthalb Jahre durch. Nun fürchten erste Kunden, dass eine anstehende Rezession den Auftritt von Printemps an der Wall Street zu einem kurzen Gastspiel machen könnte. Wie schwerwiegend die Sorgen vor einem ökonomischen Einbruch sind, können sie schließlich einen Steinwurf entfernt an der New York Stock Exchange beobachten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.