KommentarErschwingliche E-Mobilität

Der Golf braucht einen Nachfolger

Einen Weg, wie und wo erschwingliche Elektroautos gebaut werden sollen, hat VW bislang nicht gefunden. Die Zeit drängt.

Der Golf braucht einen Nachfolger

Elektromobilität

Der Golf braucht einen Nachfolger

Von Carsten Steevens

Über alle seine Marken hinweg will der Volkswagen-Konzern 2024 mehr als 30 Modellneuheiten an den Start bringen, so viele wie in keinem Jahr zuvor. Ein günstiges Elektroauto wird nicht dabei sein. Zwar avisiert Europas größter Fahrzeugbauer, in drei Jahren ein solches Fahrzeug für 20.000 Euro auf die Straße zu stellen. Doch noch haben die Wolfsburger keinen Weg aufgezeigt, wie das Erfolgskonzept des Golf, bezahlbare Mobilität auf höchstem technischen Niveau zu bieten, auf das Elektroauto-Zeitalter übertragen werden kann. 50 Jahre nach Einführung des Bestsellers wäre dafür ein guter Zeitpunkt.

Denn zum einen müssen traditionelle Autobauer wie Volkswagen weiter sinkende Emissionsgrenzwerte für Neufahrzeuge berücksichtigen und deshalb den Stromer-Anteil am Fahrzeugabsatz rasch deutlich steigern, wenn sie Strafen vermeiden wollen. Von 2025 an gelten etwa in der EU neue CO2-Vorgaben. Zum anderen sind Europas Autobauer gefordert, Antworten auf Angebote chinesischer E-Auto-Hersteller zu geben, die nach Berechnungen in der Branche aktuell über Kostenvorteile von 20 bis 30% verfügen und die – auch mit dem Bau eigener Fabriken – nach Europa drängen. Anti-Dumping-Zölle, wie sie die EU-Kommission möglicherweise Anfang Juni für chinesische Elektroautos ankündigen wird, werden die Lage für Europas Autobauer auf Dauer kaum verbessern.

Stattdessen werden sich die europäischen Hersteller dem Wettbewerb stellen müssen. Benötigt werden wirtschaftlich tragfähige Konzepte für einen erschwinglichen Elektro-Kleinwagen. Wie schwer sich Volkswagen damit tut, zeigen Gespräche mit Renault über ein gemeinsames E-Auto-Modell im Einstiegssegment, die offenbar wegen interner Widerstände beendet wurden. Nicht zuletzt geht es aufgrund der gegenwärtig schwachen Nachfrage nach Stromern in vielen Regionen um die Auslastung der eigenen Werke. Doch mit Blick auf den Wettbewerb werden sich die Wolfsburger nicht mehr viel Zeit leisten können, um über einen Weg zum Elektro-Volkswagen zu entscheiden.

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