Paris

Der Tod der Mode­marken aus den 80ern

Einige der einst angesagtesten Modelabels stehen vor dem Aus. Junge Französinnen kaufen jedoch lieber Fastfashion oder Secondhand, als sich bei den bei ihren Müttern beliebten Ketten einzukleiden.

Der Tod der Mode­marken aus den 80ern

Die Mail meines amerikanischen Freundes klang besorgt. „Offenbar wird es massive Streiks in Frankreich geben, wenn ich diesen Donnerstag in Paris ankomme“, schrieb er. „Wird das auch Taxen und Uber beeinträchtigen? Lass mich wissen, falls Du private Transportunternehmen kennst.“ Tatsächlich sehen die Bilder, die von den Protesten gegen die Rentenreform weltweit die Runde machen, beeindruckend aus. Doch wer in Paris nicht gerade entlang der Route der Demonstrationen wohnt, bekommt davon nicht viel mit. Métros und Busse fuhren am vierten Protesttag am Samstag ohne Beeinträchtigungen. Nur ein spontaner Streik der Fluglotsen sorgte am Flughafen Orly dafür, dass jeder zweite Flug gestrichen werden musste. Für nächsten Donnerstag hat ein Teil der Gewerkschaften zu neuen Streiks aufgerufen. Da zwei der drei Zonen, in die Frankreichs Schulen eingeteilt sind, derzeit Ferien haben, dürfte die Beteiligung aber nicht sehr kräftig ausfallen, hoffen einige Beobachter. Im Gegensatz zum 7. März. Die Gewerkschaften haben bereits geschworen, dass sie alles dafür tun werden, Frankreich dann komplett lahmzulegen.

Bereits am Boden sind Cop.Copine, Kookaï und Co. In den 1990ern gehörten sie zu den bei jungen Französinnen angesagtesten Marken. Doch jetzt müssen immer mehr von ihnen Konkurs anmelden. Eine ganze Generation an Marken sei dabei, unterzugehen, sagt die Zeitung „Le Figaro“. Seit der Abwicklung der Modekette Camaïeu Ende 2022 habe für viele einst ikonische Marken eine Höllenfahrt begonnen, die nicht mehr ende.

Der Februar hat sich dabei als besonders tödlicher Monat herausgestellt, obwohl es für Einzelhändler im Winterschlussverkauf etwas besser gelaufen ist als ein Jahr zuvor. Für viele Ketten war das jedoch nicht genug. Bereits zu Beginn des Monats hat das Handelsgericht Paris für Kookaï ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Die 1983 gegründete Marke mit ihren 320 Mitarbeitern und 121 Boutiquen war seinerzeit bei Schülerinnen und Studentinnen Kult.

Das drei Jahre jüngere Modelabel Cop.Copine wiederum durchlebt gerade seine letzten Tage, da im Rahmen des Insolvenzverfahrens kein geeigneter Käufer gefunden wurde. Die Prêt-à-porter-Gruppe Antonelle übernimmt nur 23 von insgesamt 72 Boutiquen, um sie unter eigenem Namen weiterzuführen. Der ebenfalls in den 80er Jahren gegründete Schuhkette San Marina droht ein ähnliches Schicksal, wenn sich das Handelsgericht Marseille am 20. Februar dazu äußert, wie es mit ihr in Zukunft weitergehen soll. Die 1 300 Mitarbeiter der Modekette Pimkie sollen von einem Konsortium übernommen werden, dem neben Lee Cooper (Jeans) und Kindy (Socken) auch die türkische Gruppe Ibisler Tekstil angehört. Im Rahmen der erwarteten Restrukturierung könnten 400 bis 500 Stellen wegfallen, fürchten Gewerkschaften.

Die Gründe für den Niedergang der im mittleren Preissegment angesiedelten französischen Modemarken aus den 80ern sind vielfältig. Sie seien zu unflexibel und hätten sich nicht genügend an die Globalisierung angepasst, meinen Kenner der Branche. Gleichzeitig hätten ihnen Fastfashion-Marken wie Zara, Mango, Primark und Shein mit billigen, schnell wechselnden Kollektionen in den letzten Jahren verstärkt Konkurrenz gemacht.

Viele in den 1990ern erfolgreiche Marken hätten zudem nicht aus ihren Fehlern gelernt und wichtige Trends verschlafen. So haben sie zu wenig in ihren Internetauftritt investiert und zu spät auf Secondhand-Angebote gesetzt. Das rächt sich jetzt, denn inzwischen beträgt der Anteil vom E-Commerce bei Frauenmode in Frankreich rund 20%, während der Markt für Secondhandmode auf deutlich mehr als 1 Mrd. Euro geschätzt wird. Dazu kommt ein anderes Phänomen. Die großen Einkaufszentren vor den Toren der Stadt und viele Einkaufsstraßen locken inzwischen deutlich weniger Kunden als noch vor zehn Jahren an. Das bekommen Marken wie Kookaï und Pimkie zu spüren, die dort mit ihren Boutiquen vertreten sind. Viele junge Französinnen kaufen lieber Fastfashion oder Secondhand als bei den Ketten, bei denen sich ihre Mütter eingekleidet haben.