Weinbau

Der Traum vom unabhängigen Rioja

Jüngst ist ein alter Streit um die Marke „Rioja“ erneut ausgebrochen – während Weinbauer aus Alava nach Unabhängigkeit streben, hatten die Politiker im Parlament andere Pläne. Aber auch beim Cava spielt Politik eine große Rolle.

Der Traum vom unabhängigen Rioja

In Spanien produzieren viele Weinanbaugebiete hervorragende Tropfen. Dennoch ist Rioja weiterhin das internationale Aushängeschild der spanischen Bodegas. In den letzten Wochen ist ein alter Streit um die Marke neu ausgebrochen, bei dem die nationalistischen Spannungen im Lande eine entscheidende Rolle spielen. Die Weinberge der Denominación de Origen Calificada (DOC) Rioja liegen zum Großteil in der gleichnamigen Autonomen Gemeinschaft La Rioja. Aber rund ein Fünftel der 65000 Hektar entfällt auf die angrenzende baskische Provinz Álava (ein paar Güter befinden sich auch in der Region Navarra). Obwohl das Detail den meisten Freunden eines guten Tropfens kaum geläufig ist, unterteilt sich die DOC auf drei Gebiete, Rioja Alta, Rioja Oriental und eben Rioja Alavesa. In Álava sind einige Weinbauer seit langem unzufrieden mit der Arbeit des Kontrollrates der DOC, der seinen Sitz in Logroño hat, der Hauptstadt der Region La Rioja. Diese Bodegueros fordern die Abspaltung und Gründung einer eigenen Marke, „DO Viñedos de Álava“. Auch die Idee eines Fachverbandes für das gesamte Baskenland steht im Raum, denn an der Atlantikküste wird der süffige einheimische Txakoli angebaut.

Die gemäßigten baskischen Nationalisten der PNV, die in diesem Landesteil seit Jahrzehnten fast ohne Unterbrechung an der Macht sind, nahmen die Forderungen der nach Unabhängigkeit strebenden Weinbauer aus Álava auf, obwohl andere Produzenten der Gegend am Status quo festhalten wollen. Die PNV reichte einen Gesetzesvorschlag im spanischen Unterhaus ein. Allerdings sieht dieser die Gründung der Herkunftsbezeichnung „DO Rioja Alavesa“ vor, nicht aber „DO Viñedos de Álava“. Denn man sollte eine international und national so bekannte und attraktive Marke wie „Rioja“ nicht aufgeben. Wer im Ausland weiß schließlich schon, wo Álava liegt. Die konservative PNV bewies einmal mehr, dass Nationalismus nicht zu Lasten der wirtschaftlichen Interessen gehen darf.

Wie zu erwarten, stößt die Initiative bei den Weinbauern aus La Rioja, dem Kontrollrat und der Landesregierung von La Rioja auf heftigen Widerstand. Die Idee einer DO Rioja Alavesa wurde von der PNV schon 2014 erstmals ins Spiel gebracht und schließlich 2020 im spanischen Parlament eingereicht. Sie wurde aber erst im November zur Abstimmung vorgelegt, just zum Zeitpunkt als die linke Minderheitsregierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez mit anderen, kleinen Parteien wie der PNV um die notwendigen Stimmen für den Haushalt 2022 verhandelte. Die konservative Opposition und die Medien warfen dem Sozialisten Sánchez daher vor, Spaniens bekannteste Weinmarke für eine Handvoll Stimmen im Parlament zu verschachern. Am Ende gaben die Basken grünes Licht für den Haushalt und im Gegenzug erhielten sie Zusagen für den Ausbau einer Hochgeschwindigkeitslinie ins Baskenland. Die Idee der eigenen Herkunftsbezeichnung wurde dagegen im letzten Moment vom Tisch genommen. Der Fraktionschef der PNV, Aitor Esteban, machte die „laute und vergiftete Stimmung“ seitens der konservativen Opposition in Madrid dafür verantwortlich. Er habe jedoch von Spaniens Landwirtschaftsminister Luis Planas die Zusage bekommen, das Thema in aller Ruhe in Zukunft einmal zu besprechen.

Der Rioja-Wein ist nicht der einzige Tropfen, der regelmäßig von politischen Spannungen betroffen ist. Der Cava, ein auch im Ausland beliebter Schaumwein, wird hauptsächlich in Katalonien angebaut, aber nicht exklusiv. Die separatistischen Strömungen und vor allem das nicht legale Unabhängigkeitsreferendum 2017 haben im Rest Spaniens Boykottaufrufe gegen den katalanischen Cava provoziert, der besonders in der Weihnachtszeit kräftig verkauft wird. Davon pro­fitierten Weinbauern in anderen Regionen, wie Valencia oder der Extremadura, die ebenfalls Schaumwein unter dem Etikett Cava auf den Markt bringen. Der Kontrollrat der DOP Cava, der fest in den Händen der katalanischen Bodegas ist, verfügte daraufhin, dass die Anbauflächen vorerst nicht weiter wachsen dürften. Doch im Februar gab Spaniens oberster Gerichtshof einer Klage der Regierung der Extremadura gegen diese Entscheidung recht. Da knallten die Korken, nur nicht in Katalonien.

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