Leitartikel: Angriff der Auslandsbanken

Deutsche Banken wirken schwach

Auslandsbanken stoßen stärker in den deutschen Bankenmarkt vor. Das tun sie aber nicht, weil dieser plötzlich attraktiver geworden ist – sondern, weil deutsche Banken in der Defensive sind.

Deutsche Banken wirken schwach

Konsolidierung

Deutsche Banken wirken schwach

Von Philipp Habdank

Der deutsche Markt ist nicht attraktiver geworden. Vielmehr ist das Angebot deutscher Banken nicht gut genug.

Angesichts der Nachrichtenlage könnte man meinen, dass der deutsche Bankenmarkt auf einmal hochattraktiv ist. Strategische und Finanzinvestoren kaufen deutsche Banken. Auslandsbanken wollen deutsche Büros eröffnen oder digitale Retailbanken an den Start bringen. Die US-amerikanische J.P. Morgan, die spanische BBVA, die italienische Mediobanca oder die niederländische ABN Amro: Sie alle interessieren sich neuerdings auffällig stark für den deutschen Bankenmarkt. Warum bloß?

Der deutsche Bankenmarkt ist brutal. Angebotsseitig ist er überfüllt mit Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparkassen, Landesbanken, Privatbanken, Universalbanken sowie Direkt- und Neobanken, die einander die Kunden streitig machen. Und auch der deutsche Bankkunde ist nicht gerade der Prototyp für den Abnehmer moderner Bankdienstleistungen. Ja, die ganze Welt beneidet uns um den deutschen Mittelstand. Aber nimm dem deutschen Privatkunden sein Bargeld oder die Girocard weg und tausche beides gegen digitale Bezahllösungen ein oder versuche seinen Bausparvertrag in einen Aktiensparplan zu tauschen – und eine Bank erfährt, wo die Grenzen des Möglichen liegen.

ABN Amro auf deutscher Shoppingtour

Trotzdem wird J.P. Morgan in Berlin die digitale Privatkundenbank „Chase“ starten. Auch die spanische BBVA kündigte für nächstes Jahr ihren Markteintritt an und tritt damit in Konkurrenz zur niederländischen ING Deutschland und der BayernLB-Tochter DKB. Das sind bisher die beiden größten Direktbanken. Dass sich J.P. Morgan und die BBVA im deutschen Retailmarkt Chancen ausrechnen, muss einen Grund haben. Beide werden eine Marktanalyse gemacht und offensichtlich festgestellt haben, dass das bestehende Digitalangebot der deutschen Banken zu schlagen ist.

Ein wenig anders verhält es sich in der Vermögensverwaltung, wo sich gerade die ABN Amro zum großen Konsolidierer aufschwingt. Die Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe hat sie sich für 672 Mill. Euro bereits einverleibt, um sie mit der Bethmann Bank zusammenzulegen. An Trinkaus & Burkhardt von der HSBC wird ABN Amro ebenfalls Interesse nachgesagt. Damit könnte der drittgrößte Assetmanager in Deutschland nach der Deutschen Bank und der Commerzbank entstehen. Eine Konsolidierung unter den Assetmanagern ist sinnvoll, da die Branche unter hohem Kosten- und Investitionsdruck steht. Größe und Skaleneffekte sind in dem Geschäft alles.

Deutsche Banken sind mit sich selbst beschäftigt

Das macht das Leben für kleinere Privatbanken schwer und erklärt die deutsche Shoppingtour von ABN Amro. Aber wo sind in der Konsolidierung die Commerzbank und Deutsche Bank? Die sind vor allem mit sich selbst beschäftigt. Die Commerzbank hat mit ihren Assetmanagement-Deals gezeigt, dass sie, wenn überhaupt, nur kleine Zukäufe stemmen kann, und die Deutsche Bank – die kämpft an mehreren Fronten mit der Postbank. Zuletzt verlor sie einen Quartalsgewinn aufgrund einer unerwarteten Rückstellung, die sie für einen uralten Rechtsstreit bilden musste. Auch in der Vermögensverwaltung wirken die deutschen Banken dieser Tage alles andere als unantastbar.

Auslandsbanken nehmen aber nicht nur das Privatkunden- und Vermögensverwaltungsgeschäft in den Blick. Auch bei Firmenkunden wittern sie ihre Chancen. Die Mediobanca gab gerade erst bekannt, dass sie in Frankfurt ein Büro wiedereröffnet, um dort mittelständische Corporate-Finance-Beratung anzubieten. J.P. Morgen plant nicht nur eine Direktbank mit Sitz in Berlin, sondern eröffnet auch ein Büro in München. Der Fokus dort liegt auf der Vermögensverwaltung und auf dem Firmenkundengeschäft.

Finanzinvestoren wittern clevere Deals

Und dann wären da noch ausländische Finanzinvestoren. Das jüngste Beispiel ist die Aareal Bank, die von einem Konsortium um Advent, Centerbridge und den kanadischen Pensionsfonds (CPPIB) von der Börse genommen wurde. Sie hatten es aber weniger auf den deutschen Bankenmarkt als vielmehr auf die IT-Tochter Aareon abgesehen, die sie unmittelbar nach der Übernahme verkauft haben. Der deutsche Bankenmarkt ist zuletzt also nicht attraktiver geworden. Die deutschen Banken wirken schlicht schwächer.