Deutsche Börse am Spielfeldrand
Deutsche Börse
Das Spielfeld
der anderen
Von Heidi Rohde
Das Schwergewicht unter den europäischen Börsenbetreibern kann es sich nicht erlauben, in der Debatte um den Finanzplatz an der Seitenlinie zu stehen.
Wenn es um die großen Schwachstellen des europäischen und speziell des deutschen Kapitalmarkts geht, ist der neue CEO der Deutschen Börse um eine Antwort nicht verlegen: Das regulatorische Korsett für Kapitalanlagen drückt an allen Ecken und Enden. Solvency behindert die Versicherer als große Kapitalsammelstellen bei der Allokation in Risikopapiere, die europäische Fondsrichtlinie Ucits schränkt die Bewegungsfreiheit der Institutionellen ein und macht obendrein noch Unterschiede zwischen passiv und aktiv gemanagten Assets, die Kappungsgrenze im Dax ist ein Nebenkriegsschauplatz, der eigentlich nur einen geringen Prozentsatz der Investoren betrifft und auf dem die Börse letztlich wenig ausrichten kann.
Weitreichende Signalwirkung
Infolgedessen wird die Bedeutung der Index-Neuauflage ohne Kappungsgrenze von der Börse selbst heruntergespielt – ein neues Mitglied in einer bereits äußerst vielzähligen Dax-Familie. Dies lässt allerdings die weiter reichende Signalwirkung, die die tradierte Version nach außen hin entfaltet, außer Acht. Sie begrenzt nicht nur Klumpenrisiken, sondern verhindert auch, dass der Index die realen Kräfteverhältnisse am Markt abbildet, und limitiert im konkreten Fall von SAP ausgerechnet die Investitionsmöglichkeiten in den (heimischen) Technologiesektor. Daher sollte die neue Dax-Variante ihre positive Wirkung gerade auf internationale Investoren nicht verfehlen und den Zugpferden im Index mehr Sichtbarkeit verschaffen.
Viele kleine Schritte nötig
Eine neue Dax-Version ist ein kleiner Schritt, der – unstrittig – nicht ausreicht, um die genannten Schwachstellen, die vor allem den Aktienmarkt ausbremsen, zu adressieren. Wahr ist auch, dass vor allem der Gesetzgeber gefordert ist, durch geeignete Reformen private Vermögen in den Kapitalmarkt zu lenken und so dessen Liquidität zu erhöhen. Dennoch kann sich ein Schwergewicht unter den europäischen Börsenbetreibern nicht damit begnügen, den Finger in die Wunde zu legen. Just ist die Aufholjagd Europas bei innovativen Technologien wie allen voran künstlicher Intelligenz und damit die Finanzierung von Start-ups und Scale-ups in aller Munde. Das ist nicht das Spielfeld der anderen, sondern die vornehmste Aufgabe einer Börse. Wettbewerber Euronext plädiert für eine Strategie der kleinen Schritte, um das IPO-Geschäft zu beleben. Die Deutsche Börse sollte es genauso machen.