LEITARTIKEL

Die bessere Wahl

Auf den Hauptversammlungen fällt die Kritik an den Dividendenvorschlägen in diesem Jahr vergleichsweise moderat aus. Denn viele Konzerne heben die Ausschüttung deutlich an. Steigende Gewinne, niedrige Zinsen und die weiter florierende Konjunktur...

Die bessere Wahl

Auf den Hauptversammlungen fällt die Kritik an den Dividendenvorschlägen in diesem Jahr vergleichsweise moderat aus. Denn viele Konzerne heben die Ausschüttung deutlich an. Steigende Gewinne, niedrige Zinsen und die weiter florierende Konjunktur erleichtern ihnen diesen Schritt. Aktionärsvertreter sprechen anerkennend von beeindruckenden Zahlen, wenn sie die aktuelle Dividendensaison kommentieren. Im laufenden Jahr überweisen die in Deutschland börsennotierten Unternehmen erstmals mehr als 50 Mrd. Euro auf die Konten ihrer Anteilseigener. Jeder dritte Dividendenzahler erhöht die Ausschüttung im Vergleich zu 2017 um einen zweistelligen Prozentsatz. Natürlich kann es immer etwas mehr sein. So war ein Teil der Lufthansa-Aktionäre unzufrieden mit der Dividendenhöhe – trotz einer Aufstockung um 60 % auf 0,80 Euro. Der eigentliche Schwachpunkt liegt woanders, nämlich bei den Nebenwerten. Knapp die Hälfte der Gesellschaften, die keinem der Auswahlindizes angehören, lässt die Anteilseigner noch immer leer ausgehen. Trotz guter Rahmenbedingungen bleibt der Anteil bedenklich hoch. Da fragt man sich: Wenn nicht jetzt, wann dann?Ein ständiger Diskussionspunkt ist die Ausschüttungsquote. Im laufenden Jahr leiten die deutschen Aktiengesellschaften nach Angaben der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz im Schnitt lediglich 42 % des Nachsteuergewinns an die Anteilseigner weiter. Damit liegt der Anteil signifikant unter der intuitiv als gerechtfertigt empfundenen hälftigen Verteilung des Gewinns auf Ausschüttung und Thesaurierung. In den vergangenen Jahren ist die Quote sogar tendenziell gesunken, was mit der guten Ertragsentwicklung zusammenhängt. In Jahren mit florierenden Gewinnen neigen Unternehmen dazu, die Ausschüttung unterproportional anheben, um Polster für schwächere Jahre aufzubauen.Welche Ausschüttungsquote angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab und lässt sich nicht allgemeingültig festlegen. Faktoren wie Investitionsbedarf und Finanzlage spielen ebenso eine Rolle wie die Frage, inwieweit das Management in der Lage ist, zukunftsträchtige Expansionsprojekte zu entwickeln. Investoren plädieren meist für hohe Ausschüttungen. Nach dem Motto: Was man hat, das hat man. Das können Manager nicht für Übernahmen ausgegeben, die womöglich Werte vernichten. Doch fallen Dividenden dauerhaft zu hoch aus oder stammen gar aus der Substanz, droht eine Beschneidung des Finanzspielraums für Investitionen.Im Vergleich zu Aktienrückkäufen, die vor allem der Kurspflege dienen, verschaffen Dividenden den Investoren einen regelmäßigen Geldzufluss. Gerade in Zeiten niedriger Anleiherenditen ist das ein wichtiger Vorteil. Und die disziplinierende Wirkung auf die Kapitalverwendung fällt größer aus. Dividendenkürzungen sind unpopulär. Daher sind Manager bestrebt, sie möglichst zu vermeiden. Rückkaufprogramme hingegen lassen sich bei Bedarf geräuschlos ad acta legen. Denn die Umsetzung liegt häufig im Ermessen des Vorstands. Ohnehin ist keinesfalls gesichert, dass der Erwerb eigener Anteile die Aktienperformance über kurzfristige Impulse hinaus dauerhaft beflügelt. Hinzu kommt, dass die Käufe häufig prozyklisch, also bei hohen Kursen, vorgenommen werden. Gute Manager sind eben nicht unbedingt geschickte Investoren. Bei Ausschüttungen bleibt es den Anlegern überlassen, wann sie den Zufluss wieder in die Aktie stecken oder ob sie das Geld lieber anderweitig investieren. Daher bevorzugen deutsche Fondsgesellschaften wie Deka und Union Bardividenden und sehen Rückkäufe skeptisch.Dennoch nimmt hierzulande die Beliebtheit von Aktienrückkäufen infolge der hohen Liquiditätsbestände wieder zu. Zuletzt sorgte der Sportartikelhersteller Adidas für Aufsehen, der im März ein mehrjähriges Programm über bis zu 3 Mrd. Euro angekündigte. Im Jahr 2017 lag das Rückkaufvolumen der Dax-Unternehmen bei 5,6 Mrd. Euro. Im laufenden Jahr haben die Konzerne dafür bereits 3,3 Mrd. Euro ausgegeben, wobei der größte Batzen auf die Allianz entfällt. Doch das sind Peanuts im Vergleich zu den USA, wo die Unternehmensteuerreform von Präsident Donald Trump gerade eine gewaltige Buy-back-Welle in Gang setzt. Hierzulande nutzen die meisten Unternehmen die Ermächtigung zu Aktienrückkäufen, die sie sich von der Hauptversammlung geben lassen, gar nicht aus. Das ist eine gute Entscheidung – Dividenden sind im Regelfall die bessere Wahl. Sie sind transparenter und nachhaltiger.— Von Helmut KippDie Dividenden in Deutschland erreichen einen Rekord. Im Vergleich zu Aktienrückkäufen sind sie meist die bessere Form der Gewinnbeteiligung.—