KommentarFinanzaufsicht

Die EZB wagt mehr Kundenservice

Mit einer Reform ihres aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) wollen die EZB-Bankenwächter mehr Transparenz schaffen, den Dialog mit der Finanzindustrie stärken und Verfahren entschlacken. Ob das gelingt, ist fraglich.

Die EZB wagt mehr Kundenservice

Finanzaufsicht

Die EZB wagt mehr Kundenservice

Von Tobias Fischer

Mehr Kundenorientierung hat sich die EZB-Bankenaufsicht, beginnend mit dem zehnten Jahr ihres Bestehens, zur Aufgabe gemacht. Verordnet hat sie sich eine Reform des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses, kurz SREP, mit dem sie Schwergewichte der Eurozone nach Risiken durchleuchtet.

Das komplizierte Prozedere beurteilt einmal im Jahr Geschäftsmodell, Governance, Kapital- und Liquiditätsausstattung einer jeder der aktuell 113 von ihr beaufsichtigten Häuser und setzt individuelle Kapitalanforderungen fest, um besondere Risiken mit zusätzlichen Puffern abzudecken.

Abkehr von Kapitalzentrierung

Die Absicht ist sinnvoll, aber Skepsis bleibt, ob das Unterfangen gelingt. Mehr Transparenz haben sich die Bankenwächter in der Überarbeitung des SREP ebenso auf die Fahnen geschrieben wie mehr Risikoorientierung und die eine oder andere bürokratische Erleichterung. Schneller wollen sie werden und kommunikativer, der Prozess soll verschlankt und gestrafft werden. Schwachstellen will die EZB verstärkt mit qualitativen Maßnahmen begegnen, klaren Anleitungen, was bis wann behoben werden muss. Durchgesetzt hat sich die Erkenntnis, dass mehr Kapital nicht die Antwort auf alles sein kann. Gerade Cyber-, Klima- oder geopolitischen Herausforderungen lässt sich so nicht ausreichend begegnen. Governance und Risikomanagement gewinnen an Bedeutung. Geplant ist, all die Änderungen 2026 abzuschließen.

Branche beklagt Intransparenz

Die Botschaft der Aufsicht lautet, Kritik aus der Finanzindustrie ernst zu nehmen und Verbesserungen anzustreben. Dazu zählen etwa Klagen über mangelnde Transparenz bei der Berechnung von Kapitalaufschlägen, sich hinziehende Verfahren und ungenügende Differenzierung zwischen risikoärmeren und risikoreicheren Banken.

Auch neue Technologien, KI zuallererst, sollen häufiger Verwendung finden. Von einer Deckelung der Beschäftigtenzahl ist hingegen kein Rede. Von den rund 5.200 Beschäftigten der EZB sind etwa 1.700 für den Aufsichtsarm tätig. Als die Zentralbank 1998 mit rein geldpolitischem Auftrag startete, waren es 500. Gewiss, die Zunahme ist auch neuen Aufgaben geschuldet, die jedoch wie der stete Aufwuchs vielerorts auf wenig Gegenliebe stoßen – darf doch die Frage gestellt werden, ob etwa Klimaschutz und Förderung der Diversität zu Kernaufgaben einer Bankenaufsichtsbehörde zählen. Die Serviceoffensive bedarf absehbar eines langen Atems.

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