Kapitalmarkt

Diversität bereichert Märkte

Gender Diversity und Inklusion werden für die Kapitalmarkt-Community zum zentralen Thema. Es darf aber nicht auf Gender beschränkt bleiben.

Diversität bereichert Märkte

Gender Diversity und Inklusion, also Geschlechterdiversität und die Einbeziehung derselben in der Kapitalmarkt-Community sind inzwischen ein zentrales Thema für die Finanzmärkte. Es wird auch in den kommenden Jahren ein wichtiges Thema für Märkte und Community bleiben und das Bild der Märkte und die getroffenen Entscheidungen sowie das Miteinander der Akteure im Kapitalmarktgeschäft und damit Märkte an sich entscheidend prägen.

Das Thema Gender Diversity und Inklusion wurde auch auf der diesjährigen Jahrestagung der International Capital Market Association (ICMA) in Wien behandelt, und zwar in einem Dialog von Mandy DeFilippo, Chair der ICMA und erste Frau an der Spitze des über 50 Jahre alten renommierten Kapitalmarktverbandes, mit LSE-CEO Julia Hoggett. Hoggett ist in der rund 300-jährigen Geschichte der Londoner Börse nach Clara Furse die zweite Frau, die die LSE führt, aber die erste lesbische Frau in dieser CEO-Position. Hoggett berichtete von ihrem eigenen Coming-out und ermunterte all diejenigen, die nicht heterosexuell sind, ihr Coming-out am Arbeitsplatz anzugehen und es eben nicht länger aus Angst vor Repression oder aber der Sorge, Gegenstand von Diskriminierung und Spott zu werden, zu unterdrücken.

Die stärkere Einbeziehung unterschiedlicher Geschlechter in die Kapitalmarkt-Community verändert das Gesicht derselben. Das liegt verständlicherweise in der Natur dieser Inklusion. Die Kapitalmarkt-Community einer Prägung der 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts oder der Zehnerjahre dieses Jahrhunderts war in weiten Teilen doch sehr homogen oder uniform. Und diese Veränderung durch unterschiedliche Geschlechterausrichtungen dürfte der Kapitalmarkt-Community auch ganz gut tun, bedeutet dies doch auch eine Bereicherung dieser einzelner Teams, Abteilungen und damit der gesamten Institution. Es führt zu einer Veränderung der Gruppierungen, bedeutet Meinungsvielfalt und am Ende auch andere Entscheidungsprozesse und damit auch unterschiedliche getroffene Entscheidungen mit also divergierenden Resultaten. Das sind auch andere Entscheidungen für die Kapitalmärkte insgesamt.

Aber es ist nicht nur Gender-Diversität und Inklusion derselben, und dieser Prozess darf auch nicht darauf allein beschränkt bleiben. Inklusion muss sehr viel weitreichender erfolgen. Es geht auch um Inklusion von unterschiedlichen Nationalitäten und damit auch Sprachen und mitunter je nach Region der Herkunft der Personen auch Hautfarben. Es geht um Inklusion von unterschiedlichen sozialen Klassen, Ausbildungshintergründen und damit verbundenen Einkommensschichten so­wie Menschen mit Behinderung und andere Aspekte mehr. Das wird ebenso wie die Geschlechterinklusion vielfach übersehen, ist aber sehr wichtig.

Und diese Inklusion bedeutet in der Summe auch eine Inklusion von unterschiedlichen Kulturen. Das bereichert alle und verändert damit die Community, ihre Struktur und damit ihre Entscheidungsprozesse, die gerade in Banken auch sehr lang sein können und viele Einheiten mit einbeziehen. Am Ende stehen dann auch Auswirkungen auf die Preise von Assets und Finanzprodukten für diese Assets, die in einer eher homogenen Gruppierung der Kapitalmarkt-Community vermutlich so nicht erfolgen würden oder eben sehr lange Zeit in Anspruch nehmen würden, um in dieser Form so einzutreten.

Aber diese Diversität und Inklusion wird nicht problemlos über die Bühne gehen. Da darf man sich nichts vormachen. Unterschiedliche Kulturen, die in der Kapitalmarkt-Community miteinander verbunden werden und nicht nur dort, haben ein großes Potenzial an Missverständnissen. Es erfordert einen langen Atem aller Beteiligten, diese Missverständnisse einerseits zu erkennen, andererseits sie auch dauerhaft auszuräumen. Vorbehalte und Vorurteile gilt es genauso zu beseitigen. Das verläuft beileibe nicht spannungsfrei. Gelingt es aber, diesen Kraftakt gestemmt zu bekommen, profitieren alle von dieser Bereicherung. Dann bleibt es nicht nur bei Erfahrungen, die der einzelne im Umgang mit neuen Kulturen macht, sondern es entsteht bestenfalls eine positive Prägung. Das wird jeder unterschreiben können, der länger als ein Jahrzehnt in einer anderen Kultur unterwegs ist. Es wird auch den Kapitalmarkt mitsamt seiner Community und ihre Kultur bereichern, und zwar eben nicht nur über die Gender-Diversität. Ein durchaus wünschenswerter, aber eben auch sehr langwieriger Prozess für alle Beteiligten.

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