Dürre macht Frankreich zu schaffen
Gelb-braun statt grün präsentieren sich weite Teile der Landschaft in Frankreich. Hitze und Trockenheit setzen den Pflanzen zu. Selbst in der Hauptstadt, die bisher zu den drei Départements gehörte, für die noch keine Dürre-Warnstufe galt, verdursten Blumen und Büsche. Und genügend Regen ist so schnell nicht in Sicht. Stattdessen dürften die Temperaturen auch in den kommenden Wochen über dem Durchschnitt liegen. Nach einem niederschlagsarmen Winter und einem der wärmsten Frühlinge war der letzte Monat der regenärmste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1959.
„Wir haben ein Niederschlagsdefizit von 88% im Vergleich zu dem, was nötig gewesen wäre“, sagte Umweltminister Christophe Béchu dem Radiosender „France Info“. Die Lage sei wirklich beunruhigend. Fast im gesamten Land gelten bereits Restriktionen für die Nutzung von Wasser. In Départements mit extremer Dürre ist es inzwischen verboten, Gärten, Grünflächen oder den Rasen in Fußballstadien zu bewässern, Autos zu waschen oder Swimmingpools aufzufüllen. „Es gibt Dörfer, in denen es kein Trinkwasser mehr gibt und wo jetzt Wasser hingebracht werden muss“, erklärt Béchu.
Die Dürre trifft vor allem die Landwirtschaft. Es drohe ein Ernteausfall historischen Ausmaßes, warnt die Vorsitzende der größten Bauerngewerkschaft FNSEA, Christiane Lambert. Die Ernteausfälle dürften an die 1 Mrd. Euro kosten, wenn nicht noch mehr, schätzt sie. Denn es seien alle Bereiche der Landwirtschaft betroffen, von Getreide- und Weinanbau bis zur Viehzucht. Da die Tiere auf den Weiden wegen der Dürre nicht genügend zu Fressen finden, müssen viele Landwirte bereits jetzt das Heu verfüttern, das normalerweise für den Winter gedacht ist.
Die Dürre wird sich auch auf das globale Ernährungssystem auswirken, da Frankreich weltweit einer der größten Getreideproduzenten ist. Mit Exporten von jährlich 19,8 Mill. Tonnen ist das Land die Nummer vier für Weizen nach Russland, USA und Kanada. Nach Ausbruch des Ukraine-Krieges hatte Präsident Emmanuel Macron die französischen Landwirte eigentlich gebeten, mehr zu produzieren, um den Ausfall der Weizenexporte aus der Ukraine abzufedern. Doch Hitze und Dürre lassen die Weizenernte in einigen Regionen um 20% bis 40% einbrechen, obwohl die Landwirte seit dem Ukraine-Krieg auch Brachen bebauen dürfen. Bei Mais und Sonnenblumen ist die Situation noch besorgniserregender.
Dagegen profitieren französische Mineralwasserhersteller von den warmen Temperaturen. Doch auch ihnen bereitet die extreme Trockenheit Sorgen. In Thonon-les-Bains am Genfer See etwa, woher ein gleichnamiges Mineralwasser stammt, macht sich der Wassermangel ebenfalls bemerkbar. Der Ort wird nur mit Quellwasser versorgt, doch die Quellschüttung ist an einigen Stellen inzwischen so schwach, dass die Anforderungen für deren Nutzung für Löscharbeiten nicht mehr erfüllt werden. Die Gemeinde hat deshalb mit der Société des eaux minérales de Thonon, die das Mineralwasser abfüllt und vertreibt, ein Abkommen getroffen, im Notfall auf die von ihr genutzte Quelle zurückgreifen zu dürfen.
Evian wiederum, die zu Danone gehörige Marke aus einem Nachbarort von Thonon-les-Bains, beobachtet die Trockenheit ebenfalls sehr genau. Denn ihr Mineralwasser stammt aus Regen- und Schmelzwasser, das dann 15 Jahre lang durch Gletschersteine gefiltert wird. Man nutze weniger als die erlaubte Abfüllmenge, betont Evian.
Danone kann ein Lied davon singen, dass Dürreperioden wie jetzt zu Spannungen in den Gemeinden führen können, in denen die Quellen von Mineralwasser liegen. So werfen Anwohner und Umweltschützer aus Volvic in der Auvergne der gleichnamigen Mineralwassermarke Danones seit Jahren vor, der Quelle zu viel Wasser zu entnehmen, selbst bei Trockenheit. Die Marke selber beteuert, deshalb der Quelle bereits 17% weniger Wasser zu entnehmen als früher. Da der Wasserspiegel der Grundwasserreserve wegen des Klimawandels sinkt, ist die erlaubte Höchstmenge, die der Quelle entnommen werden darf, in diesem Jahr gesenkt worden. Die Präfektur hat bereits angekündigt, dass sie die Höchstmenge bei anhaltenden Dürreperioden weiter senken könnte.