Economies of S(c)ale
Shareholder Value
Economies of S(c)ale
Europa braucht andere Banken als Amerika. Skalenerträge, wie sie US-Bankriesen einfahren, sind hier nicht drin.
Von Dani Zulauf
Das Bankgeschäft gilt als ein typisches Skalengeschäft. Banken produzieren billiger, je größer sie werden. Aber stimmt das wirklich, und wer profitiert davon? Die Skaleneffekte im Bankwesen sind ein Dauerthema in der Finanzforschung, denn sie sind für alle Anspruchsgruppen relevant. Welche Konsequenzen hat ein Konzentrationsprozess für den Wettbewerb, für die Vielfalt des Angebots und für die Preise?
Faszination für die Industrialisierung von Prozessen
Und überwiegt der Nutzen einer Skalierung auch die Kosten bzw. die Risiken? Diese Frage steht erst seit der Finanzkrise im Vordergrund. Davor dominierte die Faszination für die Industrialisierung von Prozessen, wie sie in der Branche erst mit der Verbreitung des Personal Computers möglich wurde. Amerikanische Studien zeigen, dass Banken vor Beginn dieser Ära, in den frühen 1980er Jahren, kaum Skaleneffekte realisierten. Und wenn, dann fielen sie eher bei kleinen Banken an – in sehr bescheidenem Maß.
Wucht des technischen Fortschritts
Aber bald zeigte sich die Wucht des technischen Fortschritts, der seine Wirkung im Zug der damaligen Deregulierung voll entfalten konnte. Ab den 1990er Jahren kam es zu unzähligen Zusammenschlüssen in der internationalen Kreditwirtschaft – auf beiden Seiten des Atlantiks. Erst die Finanzkrise setzte dem Treiben ein Ende. In Amerika schuf die Krise freilich neue Bankgiganten, aber solche, die kraft ihrer Kapitalstärke geeignet sein sollten, die Finanzmärkte zu stabilisieren und gegen neue Krisen zu wappnen.
Aktionäre profitieren von Konzentration
Viele Aktionäre wurden zu Nutznießern dieser Konzentration. Der Wert der Aktien der größten US-Bankkonzerne hat sich in den vergangenen 15 Jahren teilweise vervielfacht. Daran hatte die ultralockere Geldpolitik gewiss ihren Anteil – aber nicht nur. Die US-Regulatoren schauten nicht ungern zu, wie die Bankgiganten Skalenerträge in die eigenen Taschen wirtschafteten, um sie mehr mit ihren Aktionären statt mit den Kunden zu teilen. Die ungleichseitige Verteilung der Effizienzgewinne wurde als unvermeidlicher Nebeneffekt hingenommen, damit die Banken selbst an Stärke und Stabilität gewinnen konnten. Dieser Prozess ist in Europa nicht in Gang gekommen. Die große Konsolidierung des Bankenmarktes nach dem amerikanischen Muster hat in unseren Breitengraden schlicht nicht stattgefunden.
Europa ist anders als die USA
Es sind ihr auch engere Grenzen gesetzt. Das zeigt sich aktuell in der intensiven Diskussion, welche die Schweiz um die richtige Kapitalausstattung der UBS führt. Das kleinräumigere und kulturell heterogene Europa braucht andere Banken als die USA. Obschon das eigentlich keine Neuigkeit ist, wird in den einschlägigen Berater- und Finanzmarktkreisen gern und oft die Erwartung geschürt, dass den Investoren auf dem alten Kontinent die gleichen Gewinne winken wie auf der anderen Seite des Atlantiks – wenn nur die Konsolidierung auch hier einmal ins Rollen gekommen ist.
Mangelnde Größe ist nicht das Problem
Doch davon kann und sollte niemand ausgehen. Für die erheblichen Rentabilitätsnachteile des europäischen Bankensektors gibt es weit mehr und triftigere Gründe als nur die geringere Größe der Institute. Die kreditbasierte Unternehmensfinanzierung, wie sie in Europa nach wie vor und wohl noch sehr lange üblich ist, lässt sich weit weniger gut skalieren als das Geschäft mit kapitalmarktgestützten Firmenfinanzierungen. Im Privatkundengeschäft und insbesondere in der Vermögensverwaltung dominieren in Europa persönliche und oft langjährige Kundenbeziehungen, die gewöhnlich eine umfassende Vermögensberatung zum Inhalt haben. Demgegenüber fungieren US-Vermögensberater typischerweise als brokerähnliche Vermittler, die ihre Kunden mehr operationell bei der Umsetzung ihrer eigenen Anlageentscheidungen unterstützen und die Bankgiganten mit viel Transaktionsgeschäft alimentieren.
Nur die Verkäufer profitieren
Es ist die geringere Arbeitsteilung im europäischen Bankensektor, die dazu führt, dass ein zugekauftes Geschäftsvolumen den Shareholder Value nur in einem relativ geringen Maß zu steigern vermag. Den Nutzen haben in der Regel nur die Aktionäre der verkaufenden Bank. Economies of Sale statt Economies of Scale.