Bankentarifverhandlungen

Ein Abschluss muss her!

Die Tarifverhandlungen für die privaten und öffentlichen Banken hinauszuzögern hilft niemandem. Mit jeder ergebnislos vertagten Runde werden höhere Forderungen der Gewerkschaft wahrscheinlicher.

Ein Abschluss muss her!

Auch wenn die Empörungsrhetorik auf beiden Seiten zuletzt nicht diesen Eindruck vermittelte, stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Tarifverhandlungen für das öffentliche Bankgewerbe am Donnerstag erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Immerhin verhandeln die Tarifparteien nun bereits in der sechsten Verhandlungsrunde und die in den vergangenen Wochen präsentierten Jahreszahlen der Landesbanken vermittelten nicht den Eindruck, dass den großen Arbeitgebern des Sektors das Wasser bis zum Hals steht. Wie der LBBW und der Helaba gelang auch der BayernLB­ im abgelaufenen Jahr ein Ergebnissprung. Auch die KfW verdient nach eigenen Angaben wieder glänzend.

Trotz der hohen Kosten, die für eine digitale Transformation aufgebracht werden müssen, können sich die Arbeitgeber daher schlecht auf den Standpunkt stellen, dass nichts zum Verteilen da sei. Immerhin lassen sich die organisatorischen Herausforderungen des Umbaus oftmals nur mit engagierten Beschäftigten bewerkstelligen, die bereit sind, Mehraufwand zu betreiben, um den eigenen Arbeitsplatz auf mittlere bis lange Sicht überflüssig zu machen.

Daraus lässt sich gewiss kein Anspruch auf einen vollen Inflationsausgleich ableiten – zumal die jüngsten Schätzungen infolge des Ukraine-Kriegs für den Monat März von einer Inflationsrate nicht mehr mit einer 5 oder einer 6, sondern mit einer 7 vor dem Komma ausgehen. Völlig ignorieren kann man die Folgen für die Beschäftigten der öffentlichen Banken jedoch nicht. Zumal die von vielen Führungskräften erwünschte Rückkehr in die Büros in vielen Fällen mit häufigeren Fahrten zur Tankstelle einhergehen.

Den Arbeitgebern dürfte klar sein, dass mit jeder weiteren ergebnislos beendeten Verhandlungsrunde auch das Risiko zunimmt, dass die Gewerkschaften den dynamischen Preisauftrieb zum Anlass nehmen, um ihre Forderung von 4,5% bei einer Laufzeit von 12 Monaten nach oben anzupassen. Auch deshalb sollten die Tarifparteien endlich einen Knopf an die Verhandlungen machen. Der Abschluss für die Beschäftigten der Postbank hat gezeigt, dass es keineswegs unmöglich ist, am Verhandlungstisch Kompromisse zu erzielen, mit denen beide Seiten ihr Gesicht wahren können. Das zugrunde liegende Prinzip ist bekannt: Während die Interessenvertreter der Arbeitnehmer sich damit brüsten können, ein Lohnplus von 5,2% ausgehandelt zu haben, kann sich die Deutsche Bank mit der langen Laufzeit des Postbank-Tarifs trösten, die den auf den ersten Blick beeindruckenden Lohnanstieg relativiert.

Sollte es in der Verhandlung für das öffentliche Bankgewerbe tatsächlich gelingen, den Knoten zu durchschlagen, wird es aber mit Blick auf die privaten Institute spannend. Hier ruht der See still, seit die Arbeitgeber im Januar vom Verhandlungstisch aufgesprungen sind mit der eigentlich nur als Ohrfeige für die eigenen Beschäftigten zu interpretierenden Empfehlung für eine Einmalzahlung von 500 Euro.

Sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank, ­beide sind Vollmitglieder im Arbeitgeberverband AGV Banken, haben in den vergangenen Monaten einen beachtlichen Turnaround hingelegt, den sie nicht minder eindrucksvoll in Szene gesetzt haben. Wenn Boni und bald auch wieder Dividenden fließen, ist es schwer vermittelbar, dass ausgerechnet für diejenigen Stakeholder, die die Hauptlast des Restrukturierungsprozesses schultern, so wenig Verhandlungsspielraum bestehen soll. Insofern verwundert es nicht, dass Gewerkschaftsfunktionäre von steigenden Or­ganisationsgraden an vielen Standorten der beiden Großbanken berichten sowie einer branchenuntypisch regen Teilnahme an den Warnstreiks und den pandemiebedingt virtuell durchgeführten Kundgebungen.

Da die beiden privaten Großbanken an dieser Entwicklung kein Interesse haben können, dürften es andere sein, die bremsen. Etwa die HypoVereinsbank, die gerade einen herben Gewinneinbruch wegstecken musste und deren italienische Konzernmutter obendrein zu den europäischen Banken mit dem größten Russland-Exposure gehört. Oder die kleineren Banken. Da Verdi-Mitglieder in ihrer Belegschaft Seltenheitswert haben, dürften sie die Streiks in der Regel weitgehend kalt lassen. Das gibt ihnen jedoch nicht das Recht, die vor fast einem Dreivierteljahr begonnenen Tarifverhandlungen auf Dauer zu blockieren. Die Fairness gebietet es, dass sie wenigstens versuchen, einen konstruktiven Beitrag zur Lösung des Konflikts zu leisten.

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