Ein Staatskonzern auf dem Prüfstand
Deutsche Bahn
Ein Staatskonzern auf dem Prüfstand
Das Ampel-Aus hat den Finanzplan zur Sanierung der Bahn obsolet gemacht. Eine Zerschlagung scheint möglich.
Von Andreas Heitker
Es ist ein kleiner Lichtblick am Ende eines sonst für die Deutsche Bahn rabenschwarzen Jahres, dass in den nächsten Tagen auf der Riedbahn-Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim wieder erste Züge fahren. Die 70 Kilometer, die zu den meistbefahrenen Bahnstrecken in Deutschland gehören, waren fünf Monate vollständig gesperrt. 1,3 Mrd. Euro kostete die Generalsanierung, die der Auftakt für die Modernisierung des gesamten deutschen Schienennetzes sein sollte. Wie es mit diesem ambitionierten Großprojekt weitergeht, genauer: wie es mit dem DB-Konzern insgesamt weitergeht, ist mittlerweile aber unklar. Denn durch das Ampel-Aus wird auch das Staatsunternehmen Deutsche Bahn noch einmal auf den Prüfstand gestellt.
Letzte Chance am 18. Dezember
Dies betrifft insbesondere die Finanzierung. Einen Vorgeschmack hat hier ein bislang ausgebliebener Bundestagsbeschluss zur Auszahlung von gut 2,7 Mrd. Euro gegeben. Es geht um Gelder, mit denen die Bahn bei der Schienensanierung in Vorleistung gegangen war und deren Rückzahlung mit der Ampel eigentlich fest vereinbart war. Am nächsten Mittwoch, 18. Dezember, wäre die letzte Gelegenheit für die zuständigen Ausschüsse, das Geld doch noch rechtzeitig vor Jahresschluss freizugeben. Der DB-Vorstand musste aufgrund der Gefahren für die Bilanz aber bereits eine teure Ersatzfinanzierung organisieren, um nicht mit den Ratingagenturen Probleme zu bekommen.
Überjähriger Ampel-Plan für die Bahn-Sanierung ist obsolet
Dabei hatte es Mitte 2023 noch so rosig für den Konzern ausgesehen: Die Bundesregierung hatte sich darauf verständigt, dass die Bahn für ihre Sanierung in den kommenden Jahren 45 Mrd. Euro zusätzlich erhalten sollte. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) blieben davon aber nur noch 27 Mrd. Euro übrig. Hinzu kamen weitere deutliche Umschichtungen: Da reine Zuschüsse mit der Schuldenbremse nicht mehr kompatibel waren, sollte ein Teil der Gelder in Form von Eigenkapital bereitgestellt werden. Allein für 2025 sollten so eigentlich mehr als 10 Mrd. Euro fließen – unabhängig von neuen Problemen, die dies etwa bei den Trassenpreisen mit sich bringt.
Doch die Pläne sind mit dem Ampel-Aus und dem Fehlen eines Haushaltes für 2025 erst einmal obsolet. Zwar beteuern auch CDU/CSU, dass Sanierung und Ausbau der Schieneninfrastruktur Priorität hätten. Dies bedeutet aber keineswegs grünes Licht für die bisherigen Modernisierungs- und Finanzierungspläne der Ampel. So könnte bei einem Wahlsieg der Union im Februar auch die integrierte Struktur des DB-Konzerns noch einmal in den Fokus rücken. Die Christdemokraten hatten ja wiederholt für eine Abtrennung des Schienennetzes plädiert, wie auch von Kartellamt, Monopolkommission und Bahn-Konkurrenten gefordert. Eine Zerschlagung des Konzerns könnte nach der Wahl zur realistischen Option werden.
Die Pünktlichkeit hat weiter abgenommen
Sicher ist: Die Generalsanierung der Infrastruktur ist für die DB überlebensnotwendig. Heute gibt es 70% mehr infrastrukturbedingte Störungen, die zu Verspätungen führen, als noch 2019. Im Fernverkehr war die Pünktlichkeit zuletzt auf bittere 63% abgesackt. Dies führt mittlerweile zu Umsatzeinbußen im dreistelligen Millionenbereich im Jahr, weil etwa viele Geschäftskunden die Bahn meiden. 2025 nimmt der Konzern deshalb unabhängig vom Wahlausgang unter anderem die Strecke Berlin–Hamburg ins Visier, die viermal so lang ist wie die Riedbahn. Erste Milliardenaufträge wurden im November schon vergeben.
Die Bahn hat auch ein Effizienzproblem
Sicher ist aber auch: Die DB hat nicht nur ein Infrastruktur-, sondern auch ein Effizienzproblem. Nicht ohne Grund hatte der Vorstand im September auf Druck der Politik das Sanierungsprogramm „S3“ aufgelegt, das bis 2027 wieder schwarzen Zahlen bringen soll. Der Weg zur finanziellen Tragfähigkeit geht mit dem Abbau Zehntausender Stellen einher. Es ist ein Kraftakt, bei dem durch den Verkauf der Logistiktochter Schenker in Zukunft auch noch der wichtigste Ergebnislieferant ausfällt. Am schwierigsten dürfte es im Güterverkehr werden: Die defizitäre DB Cargo, die weiter Marktanteile verliert, hat in Brüssel versprochen, bis 2026 profitabel zu werden. Der bisherige Verlustausgleich durch den Konzern wird gestrichen. Für die DB-Tochter geht es schlicht ums Überleben.