München

Eine olympische Idee und Helene Fischer

Die European Championships waren das größte Sportereignis in München seit den Olympischen Spielen 1972. Auch ein Schlagerstar trumpfte groß auf. Und bald beginnt das größte Volksfest der Welt.

Eine olympische Idee und Helene Fischer

2022 zeigt München Größe. Denn nach vielen Monaten mehr oder weniger strenger Coronapause ist es ein Jahr der Megaveranstaltungen. Und die Antwort auf die Frage „Kann München Olympia?“ lautet eindeutig: Jein. 50 Jahre nach den Olympischen Sommerspielen an der Isar war das Publikum in und an den Sportstätten der European Championships hellauf begeistert – in der Stadt und an den Fernsehbildschirmen. Vielleicht haben Sie ja auch TV-Abende mit Zehnkampf, 3000 Meter Hindernis oder Stabhochsprung einem Krimi aus dem Harz oder irgendeinem anderen Mittelgebirge vorgezogen.

Für Begeisterung sorgten vom 11. bis 21. August zum einen die mitunter spektakulären Leistungen in den neun Sportarten, zum anderen die grandiose Stimmung und Atmosphäre in den Wettkampfstätten im Olympiapark, an der Ruderstrecke in Oberschleißheim und in der Innenstadt. Auf dem Königsplatz zum Beispiel waren Sandplätze für die Beachvolleyballer aufgeschüttet, eine 15 Meter hohe Kletterwand und Tribünen aufgebaut. Der Odeonsplatz war Ziel unter anderem für die Marathonläufer, und die Zuschauer waren ganz nah dran. So sammelte München Pluspunkte. Der „Münchner Merkur“ schrieb sogar von einem neuen Sommermärchen. Von Grantlern, den notorischen Nörglern, war nichts zu hören, zu sehen und zu lesen.

Das Stadtoberhaupt Dieter Reiter (SPD) brachte seine Freude, aber auch sein Erstaunen in einem Satz ganz treffend zum Ausdruck: „Das ist die einzige Veranstaltung in meinen acht Jahren als Oberbürgermeister, bei der es keine Kritik gab.“ Das ist zum Beispiel im Fall der Automesse IAA, die Frankfurt verlassen hat und im September 2021 erstmals in München stattfand, ganz anders: Der Stadtrat mit seiner grün-roten Mehrheit beschloss inzwischen, dass künftig Stände der Autohersteller im Zentrum nicht mehr so groß sein sollen – etwa auf dem Königs- und Odeonsplatz.

Besonders sympathisch an den European Championships war, dass München auf den Bau neuer Sportstätten verzichten konnte. So zeigte die Stadt, dass es auch ohne das seit Jahrzehnten zu „immer teurer, immer gigantischer, immer mehr Vermarktung“ verkommene olympische Motto geht. Das Olympiastadion mit seinem transparenten Zeltdach – ein Juwel der Architektur, eingebettet in einen Park mit viel Grün, Hügeln und Wasserflächen – verliert auch nach 50 Jahren nichts von seiner faszinierenden Leichtigkeit.

Warum dann das Nein auf die Frage, ob München nochmals Olympia könnte? Nun, es ist ungewiss, ob hierzulande eine Mehrheit eine vom Internationalen Olympische Komitee (IOC) beherrschte Veranstaltung will, die zudem wesentlich mehr als kombinierte Europameisterschaften kostete. Erinnert sei an den Widerstand in München und Garmisch-Partenkirchen gegen eine Bewerbung für die Winterspiele 2018. Das IOC gab schließlich Pyeongchang in Südkorea den Zuschlag. Und die Idee einer abermaligen Bewerbung für 2022 war nach vier ablehnenden Bürgerentscheiden in München und dem Umland erledigt.

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Doch jetzt zu einem ganz anderen Event, über das das Volk nicht abstimmen durfte: das einzige Konzert von Helene Fischer in Deutschland in diesem Jahr. 130000 Fans des auf Perfektion getrimmten Schlagerstars jubelten, tanzten und weinten am vergangenen Samstag auf dem Messegelände in Riem in Münchens Osten. Die Stadt überstand das Ereignis ohne Krawalle und andere nennenswerte Zwischenfälle. Sogar der starke Regen hatte sich rechtzeitig vor Konzertbeginn verkrochen. Nur ein Tankstellenpächter in der Nähe motzte: „Ist nicht so meine Musik.“ Der „Süddeutschen Zeitung“ sagte er noch: „AC/DC: Das wär mal was.“

Ein kleiner Trost für den Mann von der Tankstelle: Musik der aus­tralischen Rocker gibt es bald auf der Wiesn zu hören – zumindest den unverwüstlichen „Highway to Hell“ für Headbanger und alle anderen. Ob München nach zwei Jahren Flaute auf der Theresienwiese noch Oktoberfest kann? Bestimmt, denn darin hat die Stadt noch viel mehr Übung als mit sportlichen Großereignissen. Das größte Volks- und Zeltfest der Welt findet heuer zum 187. Mal statt. Am 17. September wird „o’zapft“ – Corona hin oder her.

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