KommentarAutozölle

Europas Dilemma

Das Votum über Strafzölle auf Elektroautos, die in China produziert werden, zeigt die Zerrissenheit der EU in der Frage, wie man es generell mit dem Einsatz handelspolitischer Instrumente halten soll.

Europas Dilemma

Strafzölle

Europas
Dilemma

Von Detlef Fechtner

Aus Sicht der deutschen Autoindustrie ist die Abstimmung über Strafzölle für Elektroautos, die in China produziert werden, denkbar schlecht ausgegangen. Die üppigen Zusatztarife, für die nun die nationalen Regierungen den Weg frei gemacht haben, treffen nicht nur chinesische Produzenten, sondern auch deutsche Hersteller, die in China Elektroautos für den europäischen Markt produzieren lassen. Zudem ist das Risiko gestiegen, dass Peking nun Gegensanktionen anordnet und der Handelskonflikt eskaliert – das dürfte gerade bei den deutschen Autobauern Sorgen auslösen, angesichts der Bedeutung ihres Exports in die Volksrepublik.

Wenig Aussicht auf Erfolg

Die letzte Hoffnung ruht nun auf den Verhandlungen über Wege, die Strafzölle doch noch in letzter Minute verhindern zu können – etwa über Mindestpreise und Volumendeckel. Von mehreren Seiten ist aber bereits darauf hingewiesen worden, dass solche Regelungen schwer zu überprüfen sind. Auch macht die Tatsache, dass über solche Alternativen seit Monaten erfolglos gesprochen wird, wenig Mut, dass es noch zu einer Verständigung kommt.

Schließlich verfängt auch das Argument nicht, diese Verhandlungen würden aus europäischer Sicht nun einfacher, da die EU durch ihr jüngstes Votum ihre Entschlossenheit zeige, chinesische Importe zu verteuern, wenn dies wegen unfairer Subventionierung berechtigt sei. Mit Verlaub: Von Entschlossenheit kann keine Rede sein. Die Abstimmung ist, wenn man den unbestätigten Berichten glaubt, die in Brüssel herumgereicht werden, 10 (Ja) zu 5 (Nein) zu 12 (Enthaltungen) ausgegangen. Anders gesagt: Die EU ist in der handelspolitischen Gretchenfrage zerrissen, wie man es denn mit Sanktionen halten soll. Diese Fragmentierung spiegelt wiederum nichts anderes als die unterschiedliche Bedeutung des Exports. Wer weniger zu verlieren hat, kann auch aggressiver mit Strafzöllen drohen.

Nicht begrenzt auf den Automobilsektor

Für Deutschland und auch für Europa wird das Dilemma, unter staatlichen chinesischen Subventionen für Konkurrenten der heimischen Industrie (und längst nicht nur der Autoindustrie) zu leiden, aber sich mit Strafzöllen gleichzeitig selbst ins Bein zu schießen und schwerwiegende Verwerfungen im Handel zu provozieren, nicht auf die Elektroautos begrenzt bleiben. Vielmehr wird die innereuropäische Kontroverse über Sinn und Unsinn des Einsatzes handelspolitischer Instrumente die EU begleiten. Diese Kontroverse reflektiert, wie schwierig es sein wird, für Europas Unternehmen global wettbewerbsfähig zu bleiben, wenn die Politik in China, aber auch in den USA, die jeweils heimische Industrie in einer Weise großzügig unterstützt, die in Europa als Wettbewerbsverzerrung gewertet wird.

Die EU ist in der Frage zerrissen, wie man es mit Sanktionen halten soll.

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