Notiert inMadrid

Freiheit und Freizeit in der Gastronomie

Madrid ist berüchtigt für sein Nachtleben. Die Linksregierung möchte zum Wohl der Mitarbeiter die Restaurants lieber früher schließen.

Freiheit und Freizeit in der Gastronomie

Notiert in Madrid

Freiheit und Freizeit in der Gastronomie

Von Thilo Schäfer

Die Linksregierung in Spanien hat sich vorgenommen, die chronisch langen Arbeitszeiten im Lande zu verkürzen. Arbeitsministerin Yolanda Díaz macht dafür auch kulturelle Gepflogenheiten in Gesellschaft und Wirtschaft verantwortlich, die es zu ändern gilt. „Es ist nicht sinnvoll, dass in Spanien Meetings um acht Uhr abends angesetzt werden“, wetterte die Führerin des Linksbündnisses Sumar am Montag. „Es ist nicht sinnvoll, dass Restaurants bis ein Uhr nachts aufhaben“, sagte sie weiter. Was die Auswüchse in der Organisation vieler Unternehmen angeht, mag Díaz wohl breite Unterstützung erhalten. Doch bei den traditionellen langen Öffnungszeiten der Gastronomie trifft die Ministerin einen empfindlichen Nerv. In Madrid geht man spät und oft bis in die Morgenstunden aus. Vor 21 Uhr trifft sich kaum jemand zum Abendessen, erst recht nicht im Sommer.

Die Kritik der Arbeitsministerin an diesen Gepflogenheiten war eine Steilvorlage für die Ministerpräsidentin der Region Madrid, die Konservative Isabel Díaz Ayuso, Idol der libertären Rechten im Lande. „Spanien hat das beste Nachtleben der Welt, die Straßen sind voller Leben und Freiheit. Das schafft auch Arbeitsplätze“, schrieb sie auf X und warf der Regierung vor, eine Stadt „ohne Seele, ohne Licht und ohne Restaurants“ zu wollen. „Wir sollen uns zu Hause langweilen“, legte sie nach. Díaz Ayuso hatte 2021 mit der rigorosen Verteidigung des berüchtigten Madrider Nachtlebens bei den Regionalwahlen eine absolute Mehrheit geholt. Damals war die spanische Metropole eine Insel in Europa. Während fast überall Bars, Cafés und Restaurants wegen der Pandemie vollständig oder teilweise geschlossen waren, erlaubte Díaz Ayuso in Madrid ungewöhnlich großzügige Öffnungszeiten. Das Motto „Freiheit zum Ausgehen“ hatte Erfolg, auch bei den Angestellten der Gastronomie.

Bessere Regulierung der Arbeitszeiten

Später wollte die Regionalregierung erneut ein Herz für Kellner und Kellnerinnen beweisen, mit einer Kampagne für das Trinkgeld. „Die Trinkgelder machen die kleinen Träume derer, die uns täglich bedienen, möglich“, hieß es in dem Spot. Das hinderte Díaz Ayuso und ihre Volkspartei PP jedoch nicht daran, sich gegen die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns zu stellen, der von Arbeitsministerin Díaz vorangetrieben wurde.

Auch manche Branchenverbände der Gastronomie übten Kritik am Vorstoß von Díaz, jedoch weitaus sachlicher als die Madrider Regionalchefin. Man dürfe nicht die Öffnungszeiten der Gaststätten begrenzen, sondern müsse die Arbeitszeiten besser regulieren. Das scheint auch das Anliegen der Arbeitsministerin zu sein. Die Inspektoren ihres Ressorts stellten sehr häufig Missbräuche bei der Zahlung von Nachtzuschlägen fest, erläuterte sie. Sie habe nichts gegen das Freizeitvergnügen, erklärte Díaz, eine von drei Stellvertreterinnen von Ministerpräsident Pedro Sánchez, am Dienstag im Frühstücksfernsehen. Aber das solle allen zugutekommen, auch den Mitarbeitern der Gastronomie, die unter den oft zu langen Stunden im Job leiden.

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