Zoom

Gezielter Fokus

Der Videokonferenzanbieter Zoom hat von der Coronakrise profitiert. In der Marktkonsolidierung drohen stärkere Rivalen vorbeizuziehen. Ein Milliardendeal soll helfen, diese auf Distanz zu halten.

Gezielter Fokus

Die Pandemiewelle des vergangenen Jahres hat Unternehmen niedergewalzt, andere vor sich hergetrieben und manche auf den Kamm gehoben. Zu den erfolgreichsten Wellenreitern in der Krise gehören ohne Zweifel die Videokonferenzsysteme wie Teams, Webex oder Google Meet, die gleichsam in Lichtgeschwindigkeit von den US-Technologieriesen entwickelt wurden, sich geradezu viral verbreiteten und angesichts einer global anschwellenden Homeoffice-Quote unverzichtbar wurden.

Auch der konzernunabhängige Anbieter Zoom gehört zu den Gewinnern dieses neuen Milliarden-Dollar-Marktes. Der Aktienkurs des 2011 gegründeten Start-ups hat sich seit Pandemiebeginn mehr als verfünffacht und aus dem ehemaligen Unicorn einen Nasdaq-Wert mit aktuell 107 Mrd. Dollar Börsenwert gemacht. Daraus schlägt Zoom nun im buchstäblichen Sinne Kapital, mit der komplett als Aktientausch angelegten Übernahme des Callcenter-Anbieters Five9.

Dabei hat das defizitäre Unternehmen, das renommierte Global Player wie IBM, Paypal, Coca-Cola oder auch Siemens zu seinen Kunden zählt, die Gunst der Stunde genutzt. Zoom legt fast den 30-fachen Umsatz für den Zukauf auf den Tisch. Dies reflektiert nicht nur die für Cloud-Software-Services-Anbieter rasant gestiegenen Bewertungen, sondern auch einen gewissen Handlungszwang des Videokonferenzanbieters.

Denn als Nummer 3 im Markt sieht sich Zoom mit Konkurrenten wie Microsoft, Cisco oder Google konfrontiert. Sie stehen nicht nur für eine geballte Finanzkraft, die ihnen ermöglicht, einen eventuellen Preiskampf durchzustehen, der den fragmentierten Markt konsolidiert. Sie verfügen auch über eine breite installierte Basis in der Wirtschaft, die ihnen einen gezielten Fokus in der Vermarktung ermöglicht. Denn die Unternehmen selbst dürften schon aus Kostengründen ein Interesse daran haben, dass sich möglichst wenige Anbieter etablieren, die den globalen Standard setzen.

Produkte wie Teams oder Webex haben den Vorteil, dass sie sich problemlos in die IT-Systeme integrieren lassen, in denen Microsoft und Cisco dominieren. Der Windows-Konzern hat zudem kürzlich die Karten zu seinen Gunsten gemischt, indem Teams – in bewährter Manier – kostenlos ins Betriebssystem integriert wurde. Dies hat die Gefechtslage für unabhängige Anbieter wie Zoom verschärft. Das wissen auch die Investoren. Zoom tat daher gut daran, zuzuschlagen, solange die eigene Aktie als Währung noch einen hohen Wert aufweist.

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