Glückliche Trennung
Die einst als Auftakt zu einer möglichen Basler Hochzeit gedachte Annäherung der Schweizer Pharmakonzerne war von Beginn an keine Liebesaffäre. Als der damalige Novartis-Chef Daniel Vasella vor zwanzig Jahren mit eindeutigen Absichten beim Nachbarn Roche vorstellig wurde, stieß er auf energische Abwehr. Auch seine Nachfolger vermochten das Eis nicht zu brechen. Nun endlich wird die Trennung besiegelt.
Mit der Idee eines Zusammenschlusses der eidgenössischen Traditionskonzerne hat Vasella die Roche-Familieneigner bei allen Bemühungen nicht überzeugen können, zumal Roche über die Jahre eine deutlich bessere Börsenperformance zeigte als der Wettbewerber. Die Erben des Firmengründers festigen denn auch mit der Entflechtung ihren Einfluss, bauen ihre Position von gut 50% auf 67,5 % der Stimmrechte aus und ziehen die Zugbrücke gegen unerwünschte Angreifer hoch.
Das von Novartis beharrlich aufgebaute Engagement von einem Drittel der Roche-Inhaberaktien fristete schließlich über die Jahre als Finanzbeteiligung sein Dasein. Auch wenn die Beziehung platonisch blieb, die unerwünschte Zugewinngemeinschaft endet nicht ohne Belohnung. Novartis hatte das Paket einst für rund 5 Mrd. Dollar geschnürt und verabschiedet sich nun mit einem Buchgewinn von immerhin 14 Mrd. Dollar. Der Zeitpunkt der Trennung ist gut gewählt, die Roche-Aktie notiert nahe ihrem historischen Hoch. Über die Zeit ergibt sich nach der Rechnung von Novartis in Dollar eine jährliche Rendite von gut 10%. Das kann sich sehen lassen, das Geld hätte in einem Investment, aus dem sich Synergien heben lassen, indes mehr einbringen können.
Mit dem Rückkauf des Pakets auf einen Rutsch gelingt Roche ein sauberer Schlussstrich. Dafür muss der Konzern zwar 19 Mrd. sfr lockermachen, doch angesichts einer äußerst niedrigen Nettoverschuldung und eines operativen Cash-flows von zuletzt (2020) rund 15 Mrd. sfr sollte dies die Expansion nicht bremsen. Mit dem Vernichten der zurückerworbenen Aktien ist – wie es Roche wohlgesetzt formuliert – eine „Gewinnverdichtung“ verbunden, die bei den Anteilseignern genau so wie der Ausblick auf erneute Dividendenerhöhung willkommen ist.
Für Novartis ist die Trennung folgerichtig. Der Konzern ist dabei, sich stärker auf die Königsdisziplin der Pharma zu fokussieren, das Geschäft mit innovativen Arzneimitteln. Für diese Pläne gewinnt das Unternehmen mit dem Abschiedsgeschenk noch mehr Spielraum – für Fantasie ist gesorgt.
(Börsen-Zeitung,