Oracle

Heimlicher Steuerkönig

Oracle hat trotz 13 Mrd. Dollar Gewinn im Geschäftsjahr keine Steuern gezahlt. US-Präsident Joe Biden , der sich für eine globale Mindestbesteuerung einsetzt, hat auch in der Heimat noch viel zu tun.

Heimlicher Steuerkönig

Die Mitteilung von Oracle zum Ende Mai abgelaufenen Geschäftsjahr geizt mit wirklich interessanten Informationen. Dafür ist sie gespickt mit subjektiven Spitzen gegen Wettbewerber. Wenig Informationen gibt Oracle etwa preis zu den steuertechnischen Taschenspielertricks, die es dem US-Softwarehaus ermöglichen, trotz 13 Mrd. Dollar Vorsteuergewinn im abgelaufenen Turnus nicht nur keine Steuern zu zahlen, sondern sogar einen gewinnsteigernden Steuerertrag von mehr als 700 Mill. Dollar einzufahren. Zumal das offenbar keine Ausnahme bleiben soll. Auch in den nächsten Jahren gilt bei den Neu-Texanern das Motto: Wer hat, dem werde gegeben.

Für europäische Wettbewerber wie SAP, die Jahr für Jahr gut ein Viertel ihres Gewinns an den Fiskus abführen, ist das ein weitaus größeres Ärgernis als die ständigen Spitzen, die Oracle-Chairman Larry Ellison und CEO Safra Catz aussenden. Letztere hatte Oracle Fusion und Oracle Netsuite zu den beiden größten ERP-Systemen in der Cloud erklärt. Tatsächlich ist das Gros der ERP-Software noch nicht in der Cloud und SAP mit ihrer Software zur Unternehmenssteuerung noch immer Marktführer. Ellison machte derweil die Datenbanken des Rivalen Amazon sprichwörtlich zur Schnecke.

Der durchaus übliche Theaterdonner lenkt allerdings davon ab, dass Oracle mitteilen konnte, keinen Cent an den Fiskus überwiesen zu haben – just in dem Monat, in dem sich die G7-Staatschefs im Grundsatz auf eine globale Mindestbesteuerung geeinigt haben. US-Präsident Joe Biden, der sich in Übersee als Vorkämpfer globaler Steuergerechtigkeit gibt, hat in heimischen Gestaden noch reichlich Arbeit vor sich.

Das Beispiel Oracle zeigt daher auch, dass mit einem Mindeststeuersatz, der global zu gelten hat, noch lange nichts erreicht ist. Denn in den USA gelten längst Steuersätze über der avisierten Mindestrate. Dass Oracle dennoch nichts zahlt, liegt an den Möglichkeiten, durch rechtliche Restrukturierung, Verschiebung geistiger Eigentumsrechte, Steuervorteile für forschende Unternehmen und andere Ausnahmetatbestände die effektive Steuerlast drastisch zu drücken oder gar in einen Ertrag zu wandeln. Aus Wettbewerbssicht wird man bei SAP ob der jüngsten Initiative zur Mindeststeuer aufgeatmet haben. Auf eine zeitnahe Eliminierung des substanziellen Nachteils sollte man in Walldorf allerdings nicht hoffen. Bis zu globaler Fairness ist es ein weiter Weg. Oracle bleibt die Nummer 1, zumindest beim Steuernsparen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.